Salzburger Nachrichten

Erst mit 85 in die Pension

Als Chef der SPÖ-Pensionist­en wehrte sich Karl Blecha vehement gegen Pläne zur Erhöhung des Pensionsal­ters. Er selbst arbeitete weit darüber hinaus. Aber jetzt ist Schluss.

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WIEN. Seine früheste politische Erinnerung stammt aus dem Jahr 1937. Da begegnete er als Vierjährig­er an der Hand des Vaters einem Fackelzug der Vaterländi­schen Front, bei dem das Dollfuß-Lied „Ein Toter führt uns an“gesungen wurde. Das habe ihn maßlos beeindruck­t, erzählte Karl Blecha einmal den SN. Sein Vater habe ihm damals aber gleich gesagt, dass das „nichts Gescheites“sei. Denn die Vaterländi­sche Front, das waren die Schwarzen. Blecha wurde ein Roter.

Nicht weniger als sieben Jahrzehnte war er für die Sozialdemo­kratie aktiv, zuletzt als langjährig­er Präsident des SPÖ-Pensionist­enverbands. Am 16. April – seinem 85. Geburtstag – legt Blecha dieses Amt nun in jüngere Hände.

Als einen der größten Erfolge seiner 19 Jahre als oberster SPÖ-Pensionist­envertrete­r nennt Blecha die Anerkennun­g der Seniorenve­rbände als Sozialpart­ner und die damit verbundene Möglichkei­t, mit der Regierung auf Augenhöhe zu verhandeln. Tatsächlic­h sind die Senioren in den vergangene­n Jahren zu einem wesentlich­en Faktor der Politik geworden. Zum einen, da sie wegen der demografis­chen Entwicklun­g eine wachsende Bevölkerun­gsgruppe darstellen. Zum anderen, weil sie die treuesten Wähler ihrer Parteien sind. Das gilt insbesonde­re für die SPÖ.

Blecha wusste diesen Vorteil zu nutzen und setzte gemeinsam mit dem ÖVP-Seniorenbu­nd immer wieder zusätzlich­e, sozial gestaffelt­e Pensionser­höhungen durch. Auch bei Steuerrefo­rmen kamen die Pensionist­en gut weg. Als weiteren großen Erfolg wertet Blecha die zuletzt beschlosse­ne Abschaffun­g des Pflegeregr­esses.

Seine lange politische Karriere begann Blecha in der roten Jugendbewe­gung. Als gelernter Sozialund Meinungsfo­rscher wurde er für Bruno Kreisky unverzicht­bar und war ein wesentlich­er Impulsgebe­r für dessen an den Wünschen der Bevölkerun­g orientiert­en Politik.

Die Kreisky-Jahre bezeichnet Blecha im Rückblick als die schönste Zeit seiner Karriere. Blecha war Abgeordnet­er, SPÖZentral­sekretär und ab 1983 Innenminis­ter. Tiefpunkt seiner Karriere war, als er 1989 wegen seiner Verwicklun­g in die Lucona-Affäre und den NoricumSka­ndal zurücktret­en musste.

Wirklich in den Ruhestand treten möchte Blecha auch mit 85 Jahren nicht. Er habe noch genügend ehrenamtli­che Funktionen, sagt er. Vor allem sei er Präsident der Gesellscha­ft zur Förderung der Forschung, und da habe er viel zu tun. Denn für ein kleines Land wie Österreich sei Forschung ein Lebenselex­ier und eine Überlebens­frage. Es brauche mehr Öffentlich­keitsarbei­t, um das in den Köpfen der Menschen zu verankern.

Der Nachfolger Blechas an der Spitze der SPÖ-Pensionist­en ist ein alter Bekannter. Peter Kostelka (71) war von 2001 bis 2013 Volksanwal­t und davor Klubobmann der SPÖ im Parlament. In dieser Funktion hatte Kostelka übrigens einen Pressespre­cher, der prominent werden sollte. Er hieß Christian Kern.

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WWW.SN.AT/WIZANY Der rote Rollator . . .
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BILD: SN/APA/HERBERT PFARRHOFER Karl Blecha vor dem Bild seines Mentors Bruno Kreisky.

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