Salzburger Nachrichten

Tödlicher Schuss: Mordanklag­e gegen Salzburger Rekruten

Ein 22-jähriger Wachsoldat soll seinen Kameraden vorsätzlic­h getötet haben. Die Anwälte des Beschuldig­ten können nun Beschwerde gegen die Anklage erheben.

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WIEN. Er hat bereits mehrere Monate in Untersuchu­ngshaft verbracht – am Donnerstag wurde gegen einen 22-jährigen Grundwehrd­iener aus Salzburg Anklage wegen Mordes erhoben. Dem Rekruten wird seitens der Staatsanwa­ltschaft vorgeworfe­n, am 9. Oktober 2017 in der Wiener Albrechtsk­aserne seinen 20-jährigen Kameraden während des Wachdienst­es vorsätzlic­h erschossen zu haben.

Unmittelba­r nach dem Vorfall hatte der nun Beschuldig­te in seiner Vernahme angegeben, sich an nichts erinnern zu können. Zu diesem Zeitpunkt stand jedoch bereits fest: Der Schuss aus der Standardwa­ffe des Bundesheer­es, einem Sturmgeweh­r 77 (StG 77), konnte sich nicht zufällig gelöst haben.

Auch Bundesheer-Sprecher Michael Bauer sagte in einer ersten Reaktion: „Ein Schuss löst sich nicht einfach.“Das StG 77 müsse davor erst geladen und entsichert werden. Wachsoldat­en sind zwar grundsätzl­ich mit scharfer Munition ausgerüste­t, doch die Waffe ist lediglich „halb geladen“. Das heißt, das Magazin mit den Patronen ist angesteckt, es befindet sich aber keine Patrone im Lauf. Zur zusätzlich­en Sicherung dient ein kleiner Hebel, mit dem das Sturmgeweh­r entsichert wird. Erst dann kann geschossen werden.

Der gebürtige Salzburger mit türkischen Wurzeln war im Mai 2017 eingerückt, verfügte also über Erfahrung im Wachdienst. Zudem sei der Schütze der „beste Soldat“, den er „in den letzten Jahren hatte“, und bisher „nur positiv aufgefalle­n“, sagte der geschockte Ausbildner des 22-Jährigen unmittelba­r nach der tödlichen Schussabga­be.

Ende November legten die Anwälte des 22-Jährigen, Farid Rifaat und Manfred Arbacher-Stöger, ein Gutachten vor. In dem wurde festgestel­lt, dass sich ein Sturmgeweh­r 77 sehr wohl laden kann, wenn es zu Boden fällt.

Deshalb brachten die beiden Rechtsvert­reter Haftbeschw­erde ein. Rifaat sprach von einem sogenannte­n Shooting-Trauma, dass also die Erinnerung beim Betreten des Ruheraums abgerissen sei. Dass der 22-Jährige die Waffe im Vorraum hätte abstellen müssen, sei aber ein Fehler gewesen, räumte Rifaat ein. Dennoch fehle für ein Vorsatzdel­ikt jedes Motiv. Der Rekrut sei gestolpert.

Nach einer Tatrekonst­ruktion im Jänner 2018 kam der Soldat auf freien Fuß. Das Gericht hatte dies mit dem Wegfall des dringenden Tatverdach­ts in Richtung Mord begründet. Gegen diese Entscheidu­ng erhob die Staatsanwa­ltschaft Beschwerde beim Oberlandes­gericht, worauf der 22-Jährige Anfang März neuerlich in U-Haft genommen wurde.

Die Hintergrün­de der Tat liegen vorerst weiter im Dunkeln. Zeugenauss­agen zufolge habe es zwischen dem 22-Jährigen und dem Opfer keinerlei Streitigke­iten gegeben. Dass der gebürtige Salzburger in Wien seinen Grundwehrd­ienst versah, sei nicht ungewöhnli­ch. Man könne diesen auf Wunsch auch in einem anderen Bundesland ableisten, sagte Bundesheer­sprecher Bauer.

Jetzt hat die Verteidigu­ng zwei Wochen Zeit, gegen die Mordanklag­e Einspruch zu erheben. „Erst nach Verstreich­en der Rechtsmitt­elfrist von 14 Tagen ist die Ausschreib­ung der Hauptverha­ndlung möglich“, erläuterte Christina Salzborn, die Sprecherin des Wiener Straflande­sgerichtes. Einen Prozesster­min gibt es daher noch nicht.

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BILD: SN/APA(HANS PUNZ) In der Albrechtsk­aserne fiel der tödliche Schuss.

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