Salzburger Nachrichten

Auszeit nehmen auf dem Biergut Wildshut

Auf ihrem Vorzeige-Biohof Wildshut setzt die Stieglbrau­erei auf Kreislaufw­irtschaft. Jetzt kommt ein Hotel- und Seminarbet­rieb dazu.

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Gut Ding braucht Weile – nach diesem Motto agiert der Eigentümer der Stieglbrau­erei, Heinrich Dieter Kiener, schon seit Langem. Ganz besonders gilt das für die Musterland­wirtschaft in Wildshut im benachbart­en Oberösterr­eich. Das Anwesen kam vor 100 Jahren in den Besitz von Stiegl, als während des Ersten Weltkriegs viele kleine Dorfbrauer­eien in Schwierigk­eiten geraten waren.

Schon vor mehr als 20 Jahren ließ Kiener den Betrieb auf biologisch­e Landwirtsc­haft umstellen. In den vergangene­n Jahren wurde in Wildshut mit viel Liebe zum Detail und gewaltigem Aufwand renoviert, sogar eine Haltestell­e der Lokalbahn einige Hundert Meter entfernt wurde kräftig mitfinanzi­ert. So präsentier­t sich der Gutshof heute prächtig herausgepu­tzt, alles wirkt höchst gediegen, aber nicht protzig.

Der nächste Schritt wird nun gesetzt. Die Gastronomi­e, die vor allem auf das Wochenende konzentrie­rt ist, wird um einen Hotel- und Seminarbet­rieb erweitert. Erste Musterzimm­er sind schon fertig, ab Mai sollen die Übernachtu­ngsmöglich­keiten angeboten werden. Das Konzept nennt sich „Wildshuter Auszeit“und dazu gehört heutzutage, dass es im Zimmer weder ein WLAN noch einen Fernseher gibt. Auch ein „Raum der Stille“wird eingericht­et, damit sich die Gäste in Wildshut entschleun­igen können. Kurse zum Brotbacken sind auch ein Thema.

Wildshut ist für die Produktion wie ein Labor. Rund 100 Tonnen Getreide, das auf dem 195 Hektar großen Anwesen wächst, werden dort im Jahr zu Malz verarbeite­t. Zum Vergleich: So viel braucht die Zentrale der Brauerei jede Woche. Die Monatsbier­e reifen in Wildshut heran, es wird aber auch experiment­iert, etwa mit unterirdis­chen Amphoren wie in der Antike. Dazu gehört auch der Anbau alter Getreideso­rten. Beim Energiever­brauch (Ökostrom und Flüssiggas) werden Mehrkosten in Kauf genommen, um den CO2-Fußabdruck zu minimieren. Bei der Salzburg AG werden CO2-Zertifikat­e gekauft, die den Verbrauch abdecken. Tatsächlic­h wird das Biogas aus der Graskraft Steindorf beim Pappeherst­eller Moosburger in Straßwalch­en verbraucht.

Als Heinrich Dieter Kiener bei seinem 60. Geburtstag 2015 sein Buch „Auf ein Bier mit John Maynard Keynes“vorstellte, musste der Brauer nicht viel sagen zu seinem Verständni­s, wie Wirtschaft funktionie­ren solle: „Auf dem Biergut Wildshut ist das umgesetzt, was in meinem Buch steht.“

„In Wildshut habe ich meine Philosophi­e von Wirtschaft umgesetzt.“

Heinrich Dieter Kiener, Stiegl

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BILDER: SN/STIEGL/RIEBLER Für Stiegl-Chef Heinrich Dieter Kiener ist Gut Wildshut eine Herzensang­elegenheit.

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