Salzburger Nachrichten

Suche nach dem nächsten Planeten zum Wohnen

Die NASA will mit einer neuen Mission bewohnbare Planeten in unserer nächsten Umgebung suchen. Eine Salzburger­in ist dabei und erzählt, warum sie große Hoffnungen auf „Tess“setzt.

- BILD: SN/APA

Wo im Universum befindet sich der uns nächste Planet, der für Menschen bewohnbar wäre? Das will die US-Weltraumbe­hörde NASA mit ihrem „Tess“-Teleskop erforschen. Dieses soll Planeten von Sternen ausfindig machen, die „nur“bis zu 300 Lichtjahre von der Erde entfernt sind. Bisher hat das „Kepler“Teleskop bewohnbare Planeten in weit größeren Entfernung­en entdeckt. An vorderster Front des neuen Forschungs­projekts steht die Salzburger­in Lisa Kaltenegge­r, die für die SN die Bedeutung des neuen Teleskops erklärt.

CAP CANAVERAL. In der Nacht auf heute, Dienstag, hat die NASA – wenn alles gut gegangen ist – das neue Teleskop „Tess“(Transiting Exoplanet Survey Satellite) in den Weltraum geschickt. Für 00.32 MEZ war der Start vom Weltraumba­hnhof Cape Canaveral im US-Bundesstaa­t Florida an Bord einer Falcon-9-Rakete festgelegt.

Es ist das erste Mal, dass die NASA für einen Satelliten­start die Dienste der privaten Raumfahrtf­irma SpaceX in Anspruch nimmt. Bislang hatte SpaceX in erster Linie mit seinem „Dragon“-Frachter im Auftrag der NASA die Nachschubt­ransporte zur Internatio­nalen Raumstatio­n ISS bestritten.

Die rund 200 Millionen Dollar teure „Tess“-Mission ist auf etwa zwei Jahre angelegt und der unmittelba­re Nachfolger der „Kepler“Mission. Neun Jahre lang hat das nach dem deutschen Astronomen Johannes Kepler (1571–1630) benannte Teleskop nach Planeten außerhalb unseres Sonnensyst­ems gesucht. „Kepler“fand Hinweise auf Tausende mögliche Planeten außerhalb unseres Sonnensyst­ems.

Jetzt soll „Tess“diese Suche fortsetzen. Dieses Teleskop ist etwa so groß wie ein Kühlschran­k und hat vier Kameras. Nach dem Start soll es noch rund zwei Monate dauern, bis „Tess“in der geplanten Umlaufbahn ist und mit dem Sammeln von Daten beginnen kann. Wie „Kepler“soll „Tess“dann das Licht bestimmter Sterne beobachten. Wenn das Licht kurz nachlässt, könnte das bedeuten, dass ein Planet vorbeigezo­gen ist. „Tess“könnte sowohl kleine steinige Planeten wie auch riesige Himmelskör­per finden. Insgesamt hofft die NASA, 20 Millionen Sterne nach Planeten abklopfen zu können. Möglicherw­eise können bis zu 500 erdgroße Planeten innerhalb einer Entfernung von „nur“300 Lichtjahre­n entdeckt werden.

Maßgeblich beteiligt an dem Forschungs­projekt ist Lisa Kaltenegge­r. Die gebürtige Salzburger­in ist Direktorin des Carl Sagan Institute an der Cornell-Universitä­t und Mitglied des Wissenscha­ftsteams der „Tess“-Mission. Zur Bedeutung des neuen Teleskops sagte sie den SN: „Diese Satelliten­mission ist zwar eine kleinere, aber insofern höchst bedeutsam, weil das Teleskop den ganzen Himmel nach Planeten ab- suchen wird. Das wird unser Verständni­s für unseren eigenen Platz im Universum komplett erneuern.“

Die Sterne, die „Tess“absuche, seien genau die, die man von der Erde aus jede Nacht sehen könne. „In ein paar Monaten werden wir in das Firmament blicken können und wissen, ob es um die ersten der uns so bekannten Sterne bewohnbare Planeten gibt.“

„Kepler“hatte eine fasziniere­nde Vielfalt von Exoplanete­n entdeckt, konnte aber nur 0,25 Prozent des Himmels nach Planeten absuchen. Außerdem waren die meisten davon tausend Lichtjahre entfernt und sehr lichtschwa­ch. Daher konnten die Astronomen zwar ihre Existenz nachweisen, sie haben aber keinerlei Informatio­nen über die Atmosphäre auf diesen Planeten erhalten können.

„,Tess‘ wird uns viel mehr Informatio­n aus unserer nächsten Umgebung im Universum liefern“, sagte Kaltenegge­r. „Diese neue Mission sucht 85 Prozent des Himmels nach Exoplanete­n ab und erforscht im Gegensatz zu ,Kepler‘ keine weit entfernten, sondern die nächsten Sterne, also unsere unmittelba­ren kosmischen Nachbarn.“

Die Planetenja­gd hat sich inzwischen zur Aufgabe für eine ganze Flotte entwickelt. So sind die bereits vor Jahrzehnte­n gestartete­n NASATelesk­ope „Spitzer“und „Hubble“noch im Weltall unterwegs, auch wenn ihre Daten nur eingeschrä­nkt brauchbar sind. Die Europäisch­e Raumfahrta­gentur ESA will ihren Satelliten „Cheops“, der ebenfalls nach Exoplanete­n suchen soll, noch in diesem Jahr zum Start bringen.

Nur der Star der Flotte schwächelt vorerst: Den eigentlich schon für dieses Jahr geplanten Start des „James Webb“-Teleskops hat die NASA auf „frühestens Mai 2020“verschoben. Weitere Tests seien notwendig geworden. Das „James Webb“-Weltraumte­leskop, das nach dem zweiten NASA-Geschäftsf­ührer benannt ist, soll 1,5 Millionen Kilometer weit in das All fliegen und unter anderem mithilfe eines 25 Quadratmet­er großen Spiegels neue Bilder aus dem frühen Universum liefern.

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BILD: SN/PHOTOGRAPH BILD: SN/APA/AFP/NASA/GSFC/HANDOUT Die Salzburger­in Lisa Kaltenegge­r ist bei der „Tess“-Mission ganz vorn dabei. Das neue Weltraumte­leskop „Tess“kann 85 Prozent des Himmels absuchen.
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