Was wird diesmal anders am Verhandlungstisch?
Über das Ende des Syrien-Krieges wurde in den vergangenen Jahren viel verhandelt. Doch die meisten Gespräche blieben ohne konkretes Ergebnis.
Nach dem Militärschlag der Westmächte gegen Syrien soll wieder die Diplomatie aktiv werden. Das jedenfalls wollen Frankreich und Deutschland. Paris plant zunächst eine UNO-Resolution. Die SN beantworten an dieser Stelle einige Schlüsselfragen in der Diskussion, wie eine politische Lösung für Syrien in Gang kommen könnte.
1.
Wie soll diese neue diplomatische Initiative ausschauen? Paris setzt auf einen umfassenden Vorstoß zu zentralen Fragen der Syrien-Krise: die Verhinderung des Einsatzes von Chemiewaffen, die vom UNO-Sicherheitsrat geforderte Waffenruhe, Zugang für humanitäre Helfer und politische Gespräche für eine Beilegung des Konflikts. Der vorgelegte Entwurf für eine UNO-Resolution enthält aber keine wirklich neuen Vorschläge. So soll eine neue unabhängige Ermittlergruppe geschaffen werden, um Verantwortliche für Chemiewaffeneinsätze zu identifizieren – einen solchen Mechanismus hatten die Russen 2017 per Veto beerdigt.
Staatschef Emmanuel Macron will Russland und die Türkei mit an den Verhandlungstisch holen. Nach Überzeugung Macrons wird es in Moskau als Schwäche gewertet, wenn definierte rote Linien nicht durchgesetzt werden. „Er hat verstanden, dass das nicht mehr der Fall ist“, sagte Macron mit Blick auf Kremlchef Wladimir Putin. In französischen Kreisen heißt es: „Wir werden sehen, ob diese Schläge eine Dynamik in sämtlichen Aspekten der Lösung der syrischen Krise schaffen.“
2.
Welche Rolle spielt Deutschland bei der Initiative? Deutschland ist eine treibende Kraft und betont die Notwendigkeit, mit Russland ins Gespräch zu kommen. „Ohne Russland wird man diesen Konflikt nicht lösen können“, sagt etwa Außenminister Heiko Maas (SPD), der aber gleichzeitig Moskau in den vergangenen Tagen und Wochen „Aggression“ und „zunehmend feindseliges“Verhalten vorwarf. Die Rolle eines neutralen Vermittlers zwischen Russland und dem Westen wird Deutschland nicht einnehmen können. Berlin steht klar auf der Seite der drei Westmächte, die Syriens Regierung angegriffen haben. Aber möglicherweise kann die Tatsache, dass Deutschland nicht dabei war, Türen nach Moskau öffnen, um Gespräche anzubahnen.
3.
Was hält die US-Regierung von diesem Vorschlag? Seit dem Amtsantritt von Präsident Donald Trump ist seitens der USA nicht eine einzige diplomatische Initiative bekannt. Wenn Trump sich zu Syrien äußert, lobt er das Militär oder greift andere Beteiligte an. Der einst strahlende diplomatische Apparat der Supermacht ist massiv geschwächt. Im UNO-Sicherheitsrat gibt es seitens der USA keinerlei Bewegung. Syrien, so scheint es sich mehr und mehr herauszuschälen, das sollen bitte andere erledigen.
4.
Welche Druckmittel hat der Westen gegen Syrien und dessen Verbündete Russland und Iran? Die Möglichkeiten scheinen überschaubar zu sein. In Europa gelten Sanktionen gegen Russland nicht als Option, weil dafür in der EU die nötige Einstimmigkeit fehlt. In Washington dagegen wurden für Montag neue Sanktionen gegen Moskau erwartet. Sie sollen Russland dazu bringen, sich zu bewegen und von Syriens Präsident Baschar al-Assad abzurücken – warum das diesmal anders sein sollte als bisher, ist fraglich. Trump, so die Forderungen, müsse konsequent nachsetzen in Syrien. Aber dafür benötigten die USA eine konsistente Strategie. Sie haben sie nicht.
Russland ist mit Blick auf die Initiative aus Paris skeptisch. „Wenn der Vorschlag vernünftige Elemente enthält, werden wir damit arbeiten“, sagt allerdings Vizeaußenminister Sergej Rjabkow. Moskau wolle im Dialog mit den USA bleiben, betont ein Kremlsprecher.