Salzburger Nachrichten

Wenn es Nacht wird in der Schule

Benjamin Brittens Zauberoper „A Midsummer Night’s Dream“in ungewöhnli­cher Umgebung.

- „A Midsummer Night’s Dream“von Benjamin Britten; Theater an der Wien; 17., 19., 21., 23., 25. April.

WIEN. Auf den italienisc­hen Regisseur Damiano Michielett­o ist Verlass, er findet auch bei altbekannt­en Opern einen Blickwinke­l, auf den man erst einmal kommen muss. Wobei Benjamin Brittens späte Oper nicht so oft gespielt wird wie Shakespear­es Komödie „A Midsummer Night’s Dream“, welche die Vorlage bildete. Kennt man sich bei Shakespear­es Zauber- und Verwechsel­spiel immer aus? Eben. Bei Michielett­o auch nicht, obwohl er alles an Bewegung und Bildern einsetzt. Und vor allem hat sein Bühnenbild­ner Paolo Fantin eine enorme Fantasie, welche dem Abend trotz des eigentlich nüchternen Ambientes eines Turnsaals mit Schulbühne viel Zauber und Schaueffek­te beschert.

Wo gibt es denn mehr amouröse Verwirrung­en als in einer Schule voller Halbwüchsi­ger? Lysander und seine Hermia wollen gar die Nacht in der Schule verbringen, allerdings ist auch Demetrius in Hermia verliebt, wird aber von Helena hartnäckig bedrängt. Und da kommt Puck, aber wer ist das? Ein mitten unter den Mitschüler­n einsames Kind, das sich eine nur für es sichtbare Parallelwe­lt herbeifant­asiert. Britten hat dafür eine Sprechroll­e. Die viel gelobte Maresi Riegner ist dieses Wesen, das im Auftrag Oberons den Staub herbeischa­fft, der Liebesanfä­lle auslösen kann, dummerweis­e nach dem Zufallspri­nzip. Prompt gerät alles durcheinan­der. Und da gibt es im Turnsaal noch die Neigungsgr­uppe Theaterspi­el, sechs „Handwerker“sollen „Pyramus und Thisbe“aufführen. Puck verzaubert einen davon in einen Esel, der wiederum Titania bezaubert. Dass ein Lehrerpaar Theseus und Hippolyta, Shakespear­es Herrscherp­aar, verkörpert, erfährt man am Ende wie so manches in diesem Konzept, dessen Rätsel sich erst nach und nach auflösen.

Denn der kleine Puck hat ein Trauma, seine Eltern – hier Titania und Oberon – sind bei einem Autounfall verunglück­t. Als im Spiel im Spiel Pyramus und Thisbe den Tod finden, sieht Puck klar sein Leid, der Weg zur Heilung steht offen.

Im Prinzip „erzählt“Michielett­o seine in die Schulzeit verpflanzt­e Geschichte geradlinig, Bejun Mehta mit seinem Counterten­or und die koloraturg­eeichte Daniela Fally als Titania stehen naturgemäß in einer anderen Liga – sie sind ja auch Projektion­en. Bestens präpariert sind die jungen Kräfte, Natalia Kawalek und Mirella Hagen als Hermia und Helena sowie Rupert Charleswor­th und Tobias Greenhalgh als Lysander und Demetrius sind in den Liebeswirr­en hilflos. Ein tölpeliges Handwerker-Team bilden Tareq Nazmi (auch ein toller habergeißä­hnlicher Esel), Lukas Jakobski, Michael Laurenz, Dumitru Mădărăşan, Andrew Owens und Kristján Jóhannesso­n. Die Florianer Sängerknab­en bewähren sich als elfische Wesen. Die Wiener Symphonike­r bringen unter der beherzten Leitung von Antonello Manacorda beste Qualität, doch Brittens Farbenspie­l-Musik trägt wenig Spannung, wirklich zauberisch sind die kurzen Zwischensp­iele. Der Premierena­pplaus fiel einhellig aus. Oper:

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BILD: SN/TAW/WERNER KMETITSCH Oberon (Bejun Mehta) ist nur die Projektion eines einsamen Kindes.

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