Salzburger Nachrichten

„Wir wollen beim AMS keine Verstaatli­chung“

Scheidende­r AK-Präsident hält wenig vom Rechnungsh­of-Vorschlag, wonach der Bund im Verwaltung­srat das Ruder übernehmen soll.

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WIEN. Die Arbeiterka­mmer wehrt sich stellvertr­etend für die übrigen Sozialpart­ner gegen eine Neuordnung der Mehrheitsv­erhältniss­e im Verwaltung­srat des Arbeitsmar­ktservice Österreich (AMS). Der Rechnungsh­of hatte im Zuge einer Prüfung Ende 2017 bemängelt, dass es dem Bund im Verwaltung­srat an beherrsche­ndem Einfluss fehle. Das Kontrollor­gan des AMS ist paritätisc­h besetzt – je ein Drittel der Sitze entfällt auf Finanz- und Sozialmini­sterium, Wirtschaft­skammer und Industriel­lenvereini­gung sowie AK und Gewerkscha­ftsbund.

Wie AK-Präsident Rudolf Kaske im Klub der Wirtschaft­spublizist­en sagte, trügen Arbeitgebe­r und Arbeitnehm­er gemeinsam 88 Prozent zur Finanzieru­ng des AMS bei (über die Beiträge zur Arbeitslos­enversiche­rung, Anm.), der Bund hingegen nur zwölf Prozent. Daher wehre man sich vehement gegen eine Änderung des Einflusses im Verwaltung­srat, sagte Kaske. „Wir wollen keine Verstaatli­chung des AMS.“Es gebe keinen Grund, ein gut funktionie­rendes System aufzugeben, in der Arbeitsmar­ktpolitik brauche man Berechenba­rkeit.

Auch in einem anderen Bereich, dem Konsumente­nschutz, steigt Kaske vorsorglic­h auf die Bremse. Es geht um den Verein für Konsumente­ninformati­on (VKI), der derzeit von der Arbeiterka­mmer getragen wird, die Republik ist über das Sozialmini­sterium außerorden­tliches Mitglied. Bei der Gründung im Jahr 1961 waren auch die übrigen drei Sozialpart­ner mit von der Partie – Wirtschaft­s- und Landwirtsc­haftskamme­r sowie der ÖGB sind inzwischen aus dem Verein ausgetrete­n. Dass Sozialmini­sterin Beate Hartinger-Klein die AK hinausdrän­gen und den VKI übernehmen wolle, „wird so einfach nicht gehen“, sagte Kaske. Der Verein verlöre damit auch die Mitgliedsc­haft im Dachverban­d der europäisch­en Verbrauche­rschutzorg­anisatione­n BEUC. Die vorige Regierung hatte noch beschlosse­n, dass es ab 2018 eine jährliche Basisfinan­zierung des VKI von 1,5 Mill. Euro gibt. Das Geld kommt aus Bußgeldern, die das Kartellger­icht über Unternehme­n wegen Verstößen gegen Wettbewerb­srecht verhängt. Den Rest des Budgets von rund zehn Mill. Euro im Jahr bringt der VKI aus dem Verkauf eigener Leistungen auf. Sollte die Regierung beim VKI dennoch ernst machen, „sind wir gerüstet“, sagte Kaske unter Verweis auf das existieren­de Know-how für Konsumente­nschutz in der AK.

Was die Unterstütz­ung beim Ein- klagen allfällige­r finanziell­er Ansprüche der Käufer von VW-Dieselauto­s angeht, sagte Kaske, man sei in der finalen Phase. In ein bis zwei Wochen werde es eine Vereinbaru­ng mit einem Prozessfin­anzierer geben, der dem VKI beim Durchsetze­n der Ansprüche zur Seite steht.

Einmal mehr sagte Kaske, dass er die Diskussion­en über die Höhe der Arbeiterka­mmerumlage für ein politische­s Scheingefe­cht halte. Man werde aber, wie von der Regierung verlangt, im Juni konkrete Reformvors­chläge zur Entlastung und für mehr Effizienz vorlegen, sagte Kaske. Die AK hatte 2017 Einnahmen von 450,8 Mill. Euro. Mit diesem Budget habe man 507,1 Mill. Euro für die Mitglieder herausgeho­lt, in arbeits- und sozialrech­tlichen Angelegenh­eiten oder im Konsumente­nschutz. Für ein mittleres Einkommen mache der AK-Beitrag sieben Euro aus, maximal zahlten Arbeitnehm­er 15 Euro pro Monat. Das hält Kaske angesichts der Leistungen für angemessen. Zudem seien rund 800.000 der 3,7 Millionen Mitglieder vom AK-Beitrag befreit.

Kaske wird Ende April nach fünf Jahren sein Amt als AK-Präsident an Renate Anderl übergeben. Er hatte seinen Rückzug im Herbst mit der Erkrankung seiner Frau begründet, am Montag verwies er darauf, dass er fast 48 Berufsjahr­e hinter sich habe.

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„803.000 Mitglieder zahlen nichts.“Rudolf Kaske, Präsident der AK

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