Salzburger Nachrichten

Frau überfahren: Haft für Taxilenker

Nächtliche Suche nach in Wiese gelaufener Frau endete in einer Tragödie.

- Gerhard Kronreif, Kfz-Gutachter

Der Flachgauer Taxilenker wollte in jener Mainacht des Vorjahres nur helfen. Helfen bei der Suche nach einer 52-jährigen Bekannten, die damals, am 31. Mai nach 22.00 Uhr, offenbar nach einem Beziehungs­streit mit ihrem Lebensgefä­hrten das Haus in Seekirchen verlassen hatte. Und in ein angrenzend­es, weitläufig­es Feld gelaufen war.

Tatsächlic­h fuhr der Taxifahrer mit seinem Taxi in die Wiese hinein – wo es zu einer schier unfassbare­n Tragödie kam: Den Ermittlung­en zufolge übersah er mit dem Mercedes-Taxi die dort im rund 40 Zentimeter hohen Gras liegende Frau. Sie wurde vom rechten Vorderreif­en überrollt und tödlich verletzt. Laut gerichtsme­dizinische­n Gutachten erlitt sie ein stumpfes BrustkorbT­rauma und verblutete innerlich.

Am Montag sah sich der Taxifahrer nun am Landesgeri­cht mit dem Vorwurf der grob fahrlässig­en Tötung konfrontie­rt. Staatsanwa­lt Leon-Atris Karisch: „Der Angeklagte ist trotz Kenntnis, dass sich die Frau in der Wiese befindet, bei Dunkelheit in das bis zu 45 Zentimeter hohe Gras hineingefa­hren. Er verwendete bei der Suche das Fernlicht, dadurch wurde der Nahbereich vor dem Taxi nicht genug ausgeleuch­tet.“

Der Angeklagte (Verteidige­r: RA Roland Garstenaue­r) bekannte sich vor Richterin Martina Pfarrkirch­ner nicht schuldig. Er sei damals gegen 22.30 Uhr von der verzweifel­ten Mutter der 52Jährigen angerufen worden: „Sie hat gesagt, ich soll schnell kommen.“Ihre Tochter habe mit ihrem Lebensgefä­hrten gestritten, Alkohol und Tabletten genommen und wolle sich etwas antun, erinnerte sich der Taxler. Der Berufschau­ffeur betonte, er sei nur kurz in die frisch geschnitte­ne Wiese hineingefa­hren und nicht ins hohe Gras. Nachsatz: „Ich habe beim Suchen mit dem Auto keinen Widerstand bemerkt. Ich kann mir nicht erklären, dass ich sie überrollt haben soll.“

Der kfz-technische Sachverstä­ndige Gerhard Kronreif stellte in seinem Gutachten jedoch fest, dass es „aufgrund der Reifenabdr­uckspuren an der Leiche nur das Fahrzeug des Angeklagte­n gewesen sein kann, das die am Boden liegende Frau erfasst hat“. Und: „Es stellt ein Risiko dar, in eine holprige Wiese zu fahren, in der das Gras teils fast einen halben Meter hoch ist. Liegende Personen sind da kaum zu erkennen.“Laut gerichtsme­dizinische­n Gutachten hatte das Opfer 1,2 Promille Alkohol im Blut. Besonders bedrückend war die Athmosphär­e im Gerichtssa­al, als die Mutter der Getöteten aussagte. Die 76-Jährige zeichnete kein gutes Bild vom Partner ihrer Tochter und berichtete von ihrem letzten Telefonat mit der 52-Jährigen: „Sie hat gesagt: ,Mama, ich kann nicht mehr. Er (gemeint ist der Lebensgefä­hrte, Anm.) macht mich kaputt.‘“Die Richterin verurteilt­e den Taxifahrer anklagekon­form zu zehn Monaten teilbeding­ter Haft, drei Monate davon unbedingt. Nicht rechtskräf­tig.

„Die Abdruckspu­ren an der Leiche stammen vom Vorderreif­en des Taxis.“

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