Bildung bringt mehr als nur höheres Einkommen
Forscher überprüften Hypothesen für Gründe des längeren Lebens.
Die Steigerung des Bildungsniveaus in einem Land bringt für die Lebenserwartung von Menschen mehr als nur eine Steigerung ihres Einkommens. Offenbar verlängert Bildung auch das Leben. Zu diesem Ergebnis kommt eine Studie der Demografen Wolfgang Lutz und Endale Kebede vom Wittgenstein Centre for Demography and Global Human Capital in Wien. Die Forscher prüften für ihre Arbeit zwei gängige Hypothesen: Die eine, 1975 entwickelt, zeigt einen klaren, aber im höheren Alter zunehmend abflachenden Aufwärtstrend der Lebenserwartung mit dem steigenden Bruttosozialeinkommen eines Landes. Im Langzeitvergleich verschieben sich die Kurven, was durch eine bessere Gesundheitsversorgung erklärt werden kann, was Menschen älter werden lässt. Zehn Jahre später geht eine zweite Hypothese davon aus, dass die sinkende Sterblichkeitsrate durch die ansteigende weibliche Bildung verursacht wird. Zur Überprüfung der Hypothesen analysierten Lutz und Kebede Daten aus 174 Ländern von 1970 bis 2015. Ergebnis: Es ist offenbar nicht das steigende Einkommen, sondern die Bildung der entscheidende Faktor für ein langes Leben. Die Forscher untersuchten Lebenserwartung in Abhängigkeit von der Schulzeit der erwachsenen Bevölkerung. Ergebnis: Die Kurve verläuft deutlich stärker linear. Das deute darauf hin, dass das Aneignen von Bildung die Entwicklung viel besser erkläre als bloß höheres Einkommen, sagen die Forscher. Sie erklären das Phänomen so: Höhere Bildung führe meist zu komplexerem und voraussehendem Denken und damit zu Verhaltensweisen, die sich auf die Gesundheit dieses Menschen positiv auswirken. Die Ergebnisse der WU-Forscher widersprechen radikal der weitverbreiteten Ansicht, dass Einkommen und medizinische Versorgung die Hauptfaktoren für Gesundheit und langes Leben sind.