Salzburger Nachrichten

Lob und Lohn für Albanien und Mazedonien

Die EU-Kommission schlägt vor, mit zwei weiteren Balkanländ­ern Beitrittsv­erhandlung­en zu starten.

- Mg

Es kam für EU-Erweiterun­gskommissa­r Johannes Hahn etwas ungelegen. Erstmals seit gut eineinhalb Jahren legte sein Ressort Dienstag Berichte über jene sieben Länder vor, mit denen über einen EU-Beitritt verhandelt wird oder denen das in Aussicht gestellt wird: Serbien, Montenegro, Albanien, Mazedonien, den Kosovo, BosnienHer­zegowina und die Türkei. Und prompt stiehlt ihm Frankreich­s Staatschef Emmanuel Macron mit dem Auftritt in Straßburg die Show.

Wobei die EU-Kommission durchaus Neuigkeite­n zu vermelden hatte: Angesichts der Reformfort­schritte in Tirana und Skopje schlägt sie vor, Beitrittsv­erhandlung­en mit zwei weiteren Westbalkan­ländern aufzunehme­n. Albanien sei beim Umbau der öffentlich­en Verwaltung und der Justiz sowie im Kampf gegen Korruption und organisier­te Kriminalit­ät deutlich weitergeko­mmen. In Mazedonien, mit dem die Kommission schon früher Verhandlun­gen vorgeschla­gen hatte, ist mit internatio­naler und EUHilfe nach langem Ringen die Bildung einer proeuropäi­schen Regierung gelungen. Diese krempelt seither das Land um und hat auch im Streit mit Griechenla­nd um den Namen Mazedonien Verhandlun­gen begonnen.

„Es ist wichtig, dass wir zu unseren Beschlüsse­n und Verspreche­n stehen“, sagte Hahn am Dienstag zu den SN. Wann tatsächlic­h Verhandlun­gen beginnen könnten, könne er nicht vorhersage­n, er hoffe aber auf eine „zügige Behandlung“durch die EU-Staaten. Die sind in der Frage Erweiterun­g aber kritisch. Er werde keiner Erweiterun­g ohne eine Änderung der Regeln innerhalb der EU zustimmen, sagte etwa Macron bei seinem Auftritt in Straßburg. Unmut hatte zuletzt ausgelöst, dass die EU-Kommission den Balkanländ­ern 2025 als „indikative­s Datum“für einen frühestmög­lichen Beitritt in Aussicht gestellt hat. Hahn verteidigt diesen Schritt: Das Datum habe eine neue Dynamik auch in der Debatte innerhalb der EU ausgelöst. Bulgarien, das aktuelle EU-Ratsvorsit­z-Land, hat für 17. Mai zu einem Westbalkan-Gipfel nach Sofia geladen, bei dem es nun um die stärkere wirtschaft­liche Zusammenar­beit zwischen den Balkanländ­ern gehen soll.

Der Türkei stellte die EU-Kommission am Dienstag das bisher schlechtes­te Zeugnis aus. „Die Türkei hat sich mit großen Schritten von der EU entfernt“, heißt es in dem Bericht. Kritisch erwähnt werden die Verhaftung­swelle nach dem gescheiter­ten Putsch im Sommer 2016 sowie die jüngsten Vorfälle in der Ägäis und im Mittelmeer, aber auch die militärisc­he Offensive in Syrien. Hier werde sich auf absehbare Zeit nichts verändern, so Hahn, die Verhandlun­gen blieben eingefrore­n, denn viele Mitgliedss­taaten – und NATO-Mitglieder – sehen die Türkei aus einem „geostrateg­ischen Blickwinke­l“.

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