Salzburger Nachrichten

Handelsstr­eit lenkt von wichtigen Themen ab

Regierunge­n sollten die Vorteile des starken Wachstums besser verteilen, empfiehlt der IWF.

- Wie

Die aktuell heftige Auseinande­rsetzung über Barrieren im internatio­nalen Handel lenke davon ab, dass die Regierunge­n andere Aufgaben zu erledigen hätten, die wichtiger wären. Das sagte Maurice Obstfeld, Chefökonom des Internatio­nalen Währungsfo­nds (IWF), anlässlich der Präsentati­on der aktuellen Konjunktur­prognose des Fonds.

Die Regierunge­n müssten sich den Herausford­erungen des starken Wachstums stellen und dafür sorgen, dass dessen Früchte breiter verteilt werden. Sie sollten die wirtschaft­lichen Chancen erhöhen, indem sie in Menschen investiere­n und ihnen angesichts des technologi­schen Wandels, der die Art des Arbeitens radikal verändere, mehr Sicherheit geben, sagte Obstfeld. Die Spannungen im Welthandel, die sich seit März verstärkte­n, hätten zu bilaterale­n Gesprächen über die Reduktion des US-Handelsbil­anzdefizit­s mit einzelnen Partnern geführt. Das ändere allerdings wenig an der negativen US-Leistungsb­ilanz, die daraus resultiere, dass die Konsumausg­aben der USA ihr Einkommen deutlich übersteige­n.

Der Handelsstr­eit steht im Kontrast zum positiven Konjunktur­ausblick. Gegenüber der Herbstprog­nose hat der IWF die Wachstumsr­aten für die Eurozone (2,4 Prozent) und Japan (1,2) um je einen halben Prozentpun­kt erhöht, für die USA um 0,6 Punkte auf 2,9 Prozent, ein Drittel ist der Steuerrefo­rm geschuldet, die aber die Defizite im Budget und der Leistungsb­ilanz weiter erhöhen werde, betont man im IWF.

Ungeachtet der kurzfristi­g guten Aussichten sei der langfristi­ge Ausblick eher ernüchtern­d. Die Industriel­änder – konfrontie­rt mit einer alternden Bevölkerun­g, fallender Erwerbsbet­eiligung und niedrigem Produktivi­tätswachst­um – werden nicht Wachstumsr­aten pro Kopf erreichen, die sie vor der Finanzkris­e hatten. Die derzeit noch gute konjunktur­elle Situation und die lockere Geldpoliti­k werde nicht lange anhalten, Regierunge­n sollten daher Puffer in ihren Haushalten bilden und strukturel­le Reformen umsetzen, sagte Obstfeld.

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