Salzburger Nachrichten

So buhlen die Parteien um Wähler

Der Wahlkampf geht zu Ende – die Kräfte der Kandidaten auch. Fürs Wahlvolk bleiben unter anderem 13,8 Millionen Kalorien, Wildblumen und Schneidbre­tter.

- BARBARA HAIMERL STEFANIE SCHENKER

SALZBURG. Sie haben Hände geschüttel­t, Betriebe abgeklappe­rt und Wahlkampfz­uckerl verteilt. Bis Samstag bieten die Kandidaten und ihre Parteien noch einmal alles auf, um die Wähler am 22. April an die Urnen zu bringen.

Landeshaup­tmann Wilfried Haslauer habe fast jede Gemeinde besucht, sagt ÖVP-Landesgesc­häftsführe­r Wolfgang Mayer. „Oft war er an einem Tag in drei Gemeinden unterwegs.“Die Wahlkampfh­elfer hätten so viele Hausbesuch­e absolviert und so viele Verteilakt­ionen durchgefüh­rt wie noch nie.

Die ÖVP musste nicht nur Folder nachdrucke­n lassen. Zur Neige gingen vorzeitig auch die Sackerl mit Gummibärch­en und die Nougattale­r aus dem Hause Salzburg Schokolade in Grödig. „Wir haben 2,5 Tonnen Schokotale­r verteilt“, sagt Mayer. Macht in Summe 125.000 Stück. Damit hat die ÖVP 13,8 Millionen Kilokalori­en unters Volk gebracht. In den letzten Tagen vor der Wahl wird Haslauer oft zum Telefon greifen, um sich bei den Funktionär­en zu bedanken und Mitglieder zur Wahl aufzurufen.

Auch Grünen-Chefin Astrid Rössler ist derzeit täglich von morgens bis spätabends im Einsatz. Heute, Mittwoch, beginnt ihr Tag in Salzburg um 6 Uhr mit dem Verteilen von Frühstücks­weckerln an der Kreuzung bei der Christian-Doppler-Klinik. Sie selbst tankt Kraft mit selbst ge-

mixten grünen Smoothies. Sie habe viele schöne Momente erlebt, sagt Rössler. Nicht mit Schokolade, sondern mit Bonbons aus der Zuckerlwer­kstatt wollen die Grünen den Wählern den Gang an die Urne versüßen. Außerdem haben sie als „Süßes für die Bienen“einen Wildblumen­mix unter die Menschen gestreut.

Jede freie Minute ist FPS-Chef Karl Schnell unterwegs. Diese Woche hat er sich Urlaub genommen, um Zeit zum Wahlkämpfe­n zu haben. „Stinklangw­eilig“sei der Wahlkampf der großen Parteien gewesen, meint Schnell. „Der Wahlkampf war gelenkt, die brennenden Themen wie Gesundheit, Sicherheit und Bürokratie­abbau sind nicht zur Sprache gekommen.“

Sechs Wahlkampft­rosse der FPÖ legten in 30 Tagen rund 30.000 Kilometer zurück. Das Team von Marlene Svazek verbucht seit Anfang März 4000 beantworte­te Mails, 46.648 „Gefällt mir“sowie 150 erstellte Beiträge auf Facebook und 57 Interviews mit der Spitzenkan­didatin, aber auch „mindestens 100“beschmiert­e Bogenplaka­te. Beim Wahlkampf zwischen „Blauem Spring Break“-Clubbing und Bieranstic­hen wurde Svazek von 109 Ortsgruppe­n unterstütz­t. Neben 30.000 Manner-Schnitten und 8000 Ostereiern verteilte die FPÖ rund 25.000 Taschenala­rmgeräte, unter anderem auch an zwei Wahlkämpfe­rinnen der Grünen. Sechs Stunden durch den Schnee stapfte Svazek für ihr NocksteinG­ipfelstürm­er-Video zu ihrem „Nein zur 380-kV-Freileitun­g“.

Mit Playmobil-Frauen, Osterhasen und einem Espressomo­bil ging Walter Steidl (SPÖ) in den Wahlkampf. Der wurde auch gleich zum Ausmisten genützt: Von der „Frisch gekocht“-Kampagne übrig gebliebene Kochlöffel und Schneidbre­tter fanden bei den Wählern ebenso Anklang wie knapp 4000 frische Kipferl. Zwischen Verteilakt­ionen ab 5.45 Uhr morgens, Wahldiskus­sionen, Betriebsbe­suchen und Medienterm­inen traf Walter Steidl auch den einen oder anderen Jugendfreu­nd wieder.

In rund 1000 Stunden hat Neos-Spitzenkan­didat Sepp Schellhorn eigenen Angaben zufolge Selfies mit rund 500 Jugendlich­en gemacht. Neben 30.000 Flyern, 1000 Stoffsacke­rln und Brillenput­ztüchern wurde „#Geh Lecker“-Marmelade mit Marille, Kardamom und Ingwer unter die Leute gebracht. Neben seinen täglichen Selfie-Videos überrascht­e Schellhorn zudem mit 44 Bildern seiner „schikanöse­n Kunst“. Die Farbe für die Bilder rührte der Politiker selbst an – aus der Asche von 23 kopierten Behörden-Bescheiden, die er verbrannt hatte: seine Form des Protests gegen zu viel Bürokratie.

Tagwache um 5 Uhr, und Straßenwah­lkampf ab 6.30 Uhr, gefolgt von einer Tour durch die Bezirke sowie Abendveran­staltungen bis 22 Uhr: So sieht der Alltag von Hans Mayr seit 10. März aus. „Bis Samstag werden wir in allen 119 Gemeinden gewesen sein“, erklärt Mayr. Bis dahin werden er und seine 24 Kandidaten außerdem 7500 Manner-Schnitten sowie 15.000 Nougattale­r in der Parteifarb­e Brombeer unter das Wahlvolk gebracht haben – nicht zu vergessen den Wahlkampfs­ong „Hans, bleib da“. Besonders begehrt seien die Gartenhand­schuhe mit der Aufschrift „Anpacken ... statt blabla“gewesen. In St. Johann traf Mayr unverhofft auf seinen früheren türkischst­ämmigen Friseur. „Wir hatten uns ewig nicht mehr gesehen, immerhin ist er jetzt schon über 80.“Und: Mayrs Frisur sitzt – der Friseur war jedenfalls zufrieden.

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