Am ersten Tag des Verbotes gibt es Zettel statt Strafen
Seit Dienstag ist auf dem Bahnhofsvorplatz das Trinken von Alkohol verboten. Die Ordnungshüter der Stadt trafen auf fröhliche Dauergäste.
„Ich wollte mit dem Umsetzen des Verbots nicht mehr warten.“Harald Preuner, Bürgermeister
SALZBURG-STADT. Raimund hat sich schon informiert. Er weiß: Ein Bier darf er dabeihaben, wenn er am Südtiroler Platz vor dem Salzburger Hauptbahnhof unterwegs ist. „Aber aufmachen darf ich das Bier nicht.“Sicherheitshalber hält er am ersten Tag des Verbotes am Bahnhofsvorplatz trotzdem nur ein Red Bull in der Hand. Ihn treffe das Verbot jedenfalls kaum, sagt der Mann mit kleinem Bärtchen und Sonnenbrille auf der Glatze. „Ich komm ja nur einmal am Tag her. Wenn ich einen Freund treffe.“
Heute hat er schon einen Freund getroffen. Der steht neben ihm und hat ein Mineralwasser in der Hand. Aus seinem Mantel fischt er eine kleine Wodkafla- sche und nimmt einen kräftigen Schluck. Genau das sei das Problem des neuen Verbots, sagt Raimund. „Es werden halt jetzt alle versteckt trinken.“Für ihn sei das freilich nicht schlimm. „Aber für die echten Alkoholiker schon.“Der Freund mit dem Wodka findet deutlichere Worte: „Augenauswischerei ist das Ganze.“
Wer am Südtiroler Platz künftig Alkohol trinkt und vom Ordnungsamt erwischt wird, soll zwischen 50 und 300 Euro zahlen. Vorerst werde aber noch nicht gestraft, sagt Bürgermeister Harald Preuner (ÖVP). Flankiert von Polizeistreifen und einem halben Dutzend Kontrolloren des Ordnungsamtes kam Preuner am ersten Tag des Verbotes zum Hauptbahnhof, um die Maßnahme vorzustellen. „Wir starten mit Informationen. Strafen wird es dann ab Mitte Mai geben.“
Andreas Reichenberger hat für das Alkoholverbot in der Form wenig Verständnis. Er ist als Zaungast zur Präsentation gekommen. Jetzt hat er eine Anmerkung für den Bürgermeister. „Ich bin selbst trockener Alkoholiker. Die Leute werden mit dem Trinken nicht aufhören. Sie werden woanders trinken. Und dann werden sich die dortigen Anrainer aufregen.“
Preuner sei sich bewusst, dass ein Verbot ohne soziale Maßnahmen zu einer Verlagerung führe. Es gebe ein Konzept für Streetwork am Bahnhof, das noch nicht umgesetzt sei. „In diesem Bereich hinken wir hinterher. Aber ich wollte mit dem Umsetzen des Verbotes nicht weiter warten.“
Auch Caritas-Bereichsleiterin Edda Böhm ist zum Bahnhof gekommen, um sich von der Einführung des Verbotes ein Bild zu machen. Die flankierenden sozialen Maßnahmen vermisst sie ebenfalls, auch wenn für den Bahnhofssozialdienst der Caritas Verbesserung in Sicht sei. „Wir werden in die Lastenstraße umziehen und sind dann näher am Geschehen um den Bahnhof.“
Der Alkohol sei aus ihrer Sicht nicht das vorrangige Problem am Südtiroler Platz. „Hier treffen viele unterschiedliche Zielgruppen aufeinander. Und wir treffen hier sehr viele Menschen, die gestrandet sind und nicht mehr weiterwissen“, sagt Edda Böhm.
Die Ordnungshüter der Stadt Salzburg starten schließlich mit dem Verteilen von Flyern. Ein Mann, der auf einem Steinblock am Brunnen sitzt, lässt sich keinen Zettel in die Hand drücken. Denn er hält bereits eine Bierdose. Ein kleines Grüppchen von Dauergästen nimmt die Verteilaktion mit Humor. „Für mich habt ihr gar keinen Zettel übrig“, fragt eine Frau und lacht dann lauthals. Als die Kontrollore des Ordnungsamtes weg sind, tauchen die Bierdosen wieder auf. Auch ein Jugendlicher trinkt mit.
Raimund bleibt angesichts des Verbotes jedenfalls gelassen. „Ich gehe sowieso lieber an die Salzach. Dort ist es auch gemütlicher, seit es die Holzplattformen gibt. Richtig lässig.“