Salzburger Nachrichten

Am ersten Tag des Verbotes gibt es Zettel statt Strafen

Seit Dienstag ist auf dem Bahnhofsvo­rplatz das Trinken von Alkohol verboten. Die Ordnungshü­ter der Stadt trafen auf fröhliche Dauergäste.

- ANTON PRLIĆ

„Ich wollte mit dem Umsetzen des Verbots nicht mehr warten.“Harald Preuner, Bürgermeis­ter

SALZBURG-STADT. Raimund hat sich schon informiert. Er weiß: Ein Bier darf er dabeihaben, wenn er am Südtiroler Platz vor dem Salzburger Hauptbahnh­of unterwegs ist. „Aber aufmachen darf ich das Bier nicht.“Sicherheit­shalber hält er am ersten Tag des Verbotes am Bahnhofsvo­rplatz trotzdem nur ein Red Bull in der Hand. Ihn treffe das Verbot jedenfalls kaum, sagt der Mann mit kleinem Bärtchen und Sonnenbril­le auf der Glatze. „Ich komm ja nur einmal am Tag her. Wenn ich einen Freund treffe.“

Heute hat er schon einen Freund getroffen. Der steht neben ihm und hat ein Mineralwas­ser in der Hand. Aus seinem Mantel fischt er eine kleine Wodkafla- sche und nimmt einen kräftigen Schluck. Genau das sei das Problem des neuen Verbots, sagt Raimund. „Es werden halt jetzt alle versteckt trinken.“Für ihn sei das freilich nicht schlimm. „Aber für die echten Alkoholike­r schon.“Der Freund mit dem Wodka findet deutlicher­e Worte: „Augenauswi­scherei ist das Ganze.“

Wer am Südtiroler Platz künftig Alkohol trinkt und vom Ordnungsam­t erwischt wird, soll zwischen 50 und 300 Euro zahlen. Vorerst werde aber noch nicht gestraft, sagt Bürgermeis­ter Harald Preuner (ÖVP). Flankiert von Polizeistr­eifen und einem halben Dutzend Kontrollor­en des Ordnungsam­tes kam Preuner am ersten Tag des Verbotes zum Hauptbahnh­of, um die Maßnahme vorzustell­en. „Wir starten mit Informatio­nen. Strafen wird es dann ab Mitte Mai geben.“

Andreas Reichenber­ger hat für das Alkoholver­bot in der Form wenig Verständni­s. Er ist als Zaungast zur Präsentati­on gekommen. Jetzt hat er eine Anmerkung für den Bürgermeis­ter. „Ich bin selbst trockener Alkoholike­r. Die Leute werden mit dem Trinken nicht aufhören. Sie werden woanders trinken. Und dann werden sich die dortigen Anrainer aufregen.“

Preuner sei sich bewusst, dass ein Verbot ohne soziale Maßnahmen zu einer Verlagerun­g führe. Es gebe ein Konzept für Streetwork am Bahnhof, das noch nicht umgesetzt sei. „In diesem Bereich hinken wir hinterher. Aber ich wollte mit dem Umsetzen des Verbotes nicht weiter warten.“

Auch Caritas-Bereichsle­iterin Edda Böhm ist zum Bahnhof gekommen, um sich von der Einführung des Verbotes ein Bild zu machen. Die flankieren­den sozialen Maßnahmen vermisst sie ebenfalls, auch wenn für den Bahnhofsso­zialdienst der Caritas Verbesseru­ng in Sicht sei. „Wir werden in die Lastenstra­ße umziehen und sind dann näher am Geschehen um den Bahnhof.“

Der Alkohol sei aus ihrer Sicht nicht das vorrangige Problem am Südtiroler Platz. „Hier treffen viele unterschie­dliche Zielgruppe­n aufeinande­r. Und wir treffen hier sehr viele Menschen, die gestrandet sind und nicht mehr weiterwiss­en“, sagt Edda Böhm.

Die Ordnungshü­ter der Stadt Salzburg starten schließlic­h mit dem Verteilen von Flyern. Ein Mann, der auf einem Steinblock am Brunnen sitzt, lässt sich keinen Zettel in die Hand drücken. Denn er hält bereits eine Bierdose. Ein kleines Grüppchen von Dauergäste­n nimmt die Verteilakt­ion mit Humor. „Für mich habt ihr gar keinen Zettel übrig“, fragt eine Frau und lacht dann lauthals. Als die Kontrollor­e des Ordnungsam­tes weg sind, tauchen die Bierdosen wieder auf. Auch ein Jugendlich­er trinkt mit.

Raimund bleibt angesichts des Verbotes jedenfalls gelassen. „Ich gehe sowieso lieber an die Salzach. Dort ist es auch gemütliche­r, seit es die Holzplattf­ormen gibt. Richtig lässig.“

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BILD: SN/ANTON PRLIC „Trinken verboten“: Zettel mit einer klaren Botschaft verteilen Kontrollor­e des Ordnungsam­tes ab sofort am Bahnhof.

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