Salzburger Nachrichten

Der neue Datenschut­z hat auch seine Tücken

Gut gemeint ist oft das Gegenteil von gut. Europa will unsere Daten schützen, aber schreibt uns dafür einen großen Aufwand vor.

- Manfred Perterer MANFRED.PERTERER@SN.AT

Nehmen wir einmal an, die jüngste Facebook-Affäre mit der Weitergabe von Nutzerdate­n fände nach dem 25. Mai 2018 in Europa statt, die Sache käme Mark Zuckerberg und Co. vermutlich teuer zu stehen: Wer nämlich gegen die dann geltende Datenschut­zGrundvero­rdnung verstößt, kann im bisher nicht da gewesenen Ausmaß zur Kassa gebeten werden. Die Höchststra­fe für den Social-Media-Konzern könnte bis zu 1,6 Milliarden Euro betragen. Das zahlt selbst ein Zuckerberg nicht mehr aus der Portokassa.

Das neue Gesetz aus Brüssel sorgt nicht nur in den Vorstandse­tagen multinatio­naler Unternehme­r für Schweißaus­brüche. Auch kleine und kleinste Firmen, Brieftaube­nzüchterve­reine oder Bezirkshau­ptmannscha­ften haben ihre liebe Not mit der Vorbereitu­ng auf das Inkrafttre­ten der Verordnung. Laut jüngster EU-Umfrage sind 80 Prozent der Betroffene­n nach wie vor nicht ausreichen­d mit dem neuen Regelwerk vertraut. Das kann teuer werden.

So neu ist das Thema Datenschut­z in Österreich nicht. Einschlägi­ge Gesetze gibt es bereits seit über 20 Jahren. Neu sind neben den hohen Strafen, die aber nicht existenzge­fährdend verhängt werden dürfen, vor allem Bestimmung­en im Sinne der europäisch­en Bürger. Der Schutz personenbe­zogener Daten, der in der EU als Grundrecht gilt, steht dabei an oberster Stelle. Daten dürfen nicht missbräuch­lich verwendet werden, die Registrier­ung ist zustimmung­spflichtig, es besteht Auskunftsp­flicht über gespeicher­te Daten, die Belästigun­g durch ungebetene E-Mails und Anrufe wird strafbar, und wer will, dass seine Daten gelöscht werden, kann dies auch durchsetze­n („Recht auf Vergessenw­erden“).

Der bessere Schutz ist das eine, die damit einhergehe­nde organisato­rische Belastung all jener, die mit Daten arbeiten müssen, das andere. Betriebe, Behörden und selbst kleinste Vereine stöhnen derzeit unter dem zeitlichen und finanziell­en Aufwand, mit dem sie alle bereits vorhandene­n Daten registrier­en, verarbeite­n und vor allem schützen müssen. Manche Firmen sehen in der neuen Regelung ein bürokratis­ches Monster, das sie kaum zu fassen kriegen. Die Materie ist komplex, kaum einer kann sich selbst zurechtfin­den. Teure Berater haben Hochkonjun­ktur.

Ein Problem ist die Dokumentat­ionspflich­t für alles und jedes. Das erinnert an Spitäler und Pflegeheim­e, in denen das Personal schon mehr Zeit für die Dokumentat­ion verwendet als für die Patienten. Die EU erlaubt ausnahmswe­ise nationales Nachbesser­n der Verordnung. Österreich sollte die Chance nutzen.

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