Australien hat es niemals gegeben
Seit Kindergartentagen gehe ich Lolinger mit einem Hinweis auf die Weltkarte an der Küchenwand auf die Nerven: „Du kannst dir ein Bild der Welt machen, wenn du weißt, wie sie aussieht.“Ich bin der Überzeugung, dass die Welt nicht besser, aber einfacher zu verstehen ist, wenn ich weiß, dass die Türkei eine Grenze mit Syrien hat, dass die Anden das Leben in Peru beeinflussen und drüber der Donau immer noch Österreich ist. Wenn ich geografisch meinen Standort google, bekomme ich von Google Maps immer nur einen kleinen Ausschnitt. Das hilft zum Überblick wenig. Das Große und Ganze in Betracht ziehen geht schwer per Handy. Da wird alles App-chenweise konsumiert. Da geht der Überblick verloren. Und als mir jetzt im Internet Shelley Floyd unterkommt, bin ich wenig verwundert, als ich lese, dass Shelley und ganz viele andere wissen wollen, dass es Australien gar nicht gibt. Der Kontinent sei bloß eine verschwörerische Erfindung der Briten, sagen sie. Und ich weiß nicht mehr, was ich von Freunden halten soll, die mir Bilder ihrer AustralienReisen zeigen, und wie ich damit umgehe, dass Bruce Chatwins „Songlines“über die Aborigines zu den Lieblingsbüchern gehört. Auf meiner Weltkarte liegt Australien nach wie vor rechts unten. Vielleicht sollte man Shelley hinschicken zum Nachschauen. Besser noch man schickt sie nach Amsterdam Island. Das war Lolingers Lieblingsinsel, solange ihre Finger auf der Weltkarte an der Wand nicht weiter nach Norden reichten. Mittlerweile findet Lolinger Grönland und Spitzbergen auch sehr lässig.