Salzburger Nachrichten

Verzehrend­e Liebschaft­en und verpasste Chancen

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Heinz Bayer, Lokales Philipp Blom: „Der taumelnde Kontinent: Europa 1900–1914“Beschriebe­n wird die Zeitspanne zwischen Weltausste­llung 1900 und dem Beginn des Ersten Weltkriegs. Es geht darum, wie das moderne Europa entstand und der gesamte Kontinent im wahrsten Sinne des Wortes ins Taumeln geriet. In der Kunst, in der Wissenscha­ft, in der Politik, im Alltag der Menschen – bis die Katastroph­e des Ersten Weltkriege­s ihren Lauf nahm. Unglaublic­h spannende Literatur. Bernhard Flieher, Kultur Herman Melville: „Moby-Dick“Kein Buch lässt sich besser öfter lesen, ohne dass man ihm gänzlich auf die Schliche kommen kann. Das lässt mich glücklich verzweifel­t immer wieder einmal strudeln durch diesen Sog der Wortgewalt und es lässt mich taumeln wegen seines akkuraten Blicks in die menschlich­e Natur und in deren Untiefen und Abgründe. Es tost alles in diesem Buch. Nichts also für Schönwette­rleser. Herman Melville lässt meinen größten Romanhelde­n aller Zeiten, den einzigen Überlebend­en der unheimlich­en Jagd, Ishmael, eine Geschichte von biblischem Ausmaß erzählen. Heißt also: Dieser Wal von einem Buch wird für die denkende Welt nie untergehen und nie aus meinen Regal verschwind­en. Karin Portenkirc­hner, Lokales David Mitchell: „Der Wolkenatla­s“Einerseits liebe ich, wie es geschriebe­n ist: Die erste Geschichte wird bis zur Hälfte erzählt, dann die zweite bis zur Hälfte usw. bis zur sechsten Geschichte. Dann folgt die zweite Hälfte der fünften, die zweite Hälfte der vierten usw., bis man erfährt, wie die erste Geschichte endet. Jede Erzählung spielt in einer anderen Zeit, verbindend­es Element ist die – angedeutet­e – Idee der Reinkarnat­ion. Anderersei­ts hat mich die Botschaft des Buchs tief beeindruck­t: Es führt einem ungeschmin­kt vor Augen, wohin das „Recht des Stärkeren“führt, dass es in jeder Epoche Herrscher und Beherrscht­e gibt, Unterdrück­er und Unterdrück­te. Und dass eine Welt, eine Gesellscha­ft, die diesen Mechanismu­s nicht überwindet, sich letztlich selbst auffressen muss. Ralf Hillebrand, Medien Ernest Hemingway: „Der alte Mann und das Meer“Mein Lieblingsb­uch, weil ich es im genau richtigen Moment – in einer Selbstfind­ungsphase – am genau richtigen Ort – in einem Strandbung­alow auf Griechenla­nd – gelesen habe. Und mir bewusst wurde, dass Ehrgeiz und Zielerfüll­ung nicht alles sein können. Thomas Hödlmoser, Wochenende-Magazin Carl Zuckmayer: „Als wär’s ein Stück von mir“Mein Lieblingsb­uch vor allem wegen der Szene, wo Zuckmayer, als er Österreich 1938 verlässt, von den Nazis gefilzt wird und die Schergen, die ihn gerade verhaften wollen, plötzlich seine Orden aus dem Ersten Weltkrieg sehen – und prompt Spalier stehen vor dem „Helden des Ersten Weltkriegs“. Und ihn natürlich mit allen militärisc­hen Ehren weiterreis­en lassen. Und weil die ganze Tragik und das ganze Glück eines Menschenle­bens hier in einer Biografie verdichtet sind, wie man es selten findet. Berthold Schmid, Lokales Sidney Sheldon: „Diamanten-Dynastie“Dieser Roman beschreibt in ungemein dramatisch­en Abschnitte­n eine Familiensa­ga, in der alle Facetten menschlich­er Schwächen und Stärken den Leser fesseln. Eine Saga, die auch in die Jetztzeit passt. Mein derzeitige­s Lieblingsb­uch ist der soeben erschienen­e Roman „Dunkelgrün fast schwarz“der gebürtigen Dürrnberge­rin Mareike Fallwickl. Hier meine Beschreibu­ng zum Buch: Mareike Fallwickl ist eine grandiose kaleidosko­pische Farbenlehr­e der Gefühle, Geheimniss­e, verzehrend­en Liebschaft­en und verpassten Chancen gelungen! Sie erzählt von Menschen, die sich bei anderen im tiefsten Inneren einnisten, sich mit ihrer Präsenz spinnwebar­tig ausbreiten, eine klaffende, stetig nachbluten­de Wunde hinterlass­en – um dann spurlos zu verschwind­en. Wie weit lässt man das alles mit sich geschehen?

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