Wunderbar theatralisch
Noch heute greife ich ganz gern zu den Büchern von Jack London, insbesondere zum Roman „Der Seewolf“, erschienen 1905. Ich habe dieses Buch als Jugendlicher verschlungen und mehrmals gelesen. Und mir in Gedankenspielen ein alternatives Ende ausgedacht, etwa dass der ebenso brutale wie belesene Kapitän des Robbenfängers „Ghost“– Wolf Larsen – überlebt und als Seeräuber die Südsee tyrannisiert. Oder dass er seinen Zynismus und seine Skrupellosigkeit ablegt und sich von der Liebe zu einer schönen Schiffbrüchigen zum Guten bekehren lässt. Kein Buch hat meine Tagträume als Teenager mehr inspiriert als dieses. Viele Jahre später stieß ich dann auf eine kommentierte Neuübersetzung, die ich sofort kaufte. Das brutale Spiel um Herrschaft und Macht auf engstem Raum an Bord dieses Schoners auf dem Weg über den Stillen Ozean zog mich erneut in seinen Bann. Der Seewolf ist wohl auch deswegen so authentisch, weil London selbst mehrere Monate auf einem Robbenfänger gearbeitet hat. „Das Parfum“von Patrick Süskind: Selten ein so mitreißendes und ästhetisch wundervoll geschriebenes Buch gelesen. Die bloße Sehnsucht nach Liebe vonseiten des fanatischen Protagonisten zieht sich über die gesamte Geschichte hinweg und gipfelt letzten Endes im selbstbestimmten Tod, da er sich keine ehrliche Liebe erhoffen kann. Wunderbar theatralisch. Gudrun Doringer, Außenpolitik Judith Hermann: „Sommerhaus, später“Darin finden sich neun Kurzgeschichten und kein Wort zu viel. Judith Hermanns Sätze sind einfach, klar und schlicht. Dasselbe lässt sich über ihre Geschichten sagen. Es passiert nichts Großes, manchmal stehen sie fast still, aber immer so wie an einem heißen, schwülen Tag im Sommer, kurz bevor das Gewitter losbricht. Stefanie Schenker, Lokales Charles Foster: „Der Geschmack von Laub und Erde“Darin schildert der britische Tierarzt, Jurist und Oxford-Professor für Ethik und Rechtsmedizin, wie er versuchte, als Wildtier zu leben. Es ist abstoßend und faszinierend zugleich, wie Foster in die Psyche von Dachs, Otter, Fuchs, Rothirsch und Mauersegler schlüpft. Spätestens wenn er beschreibt, wie er (als Dachs) Regenwürmer verkostet und sie anhand ihres erdigen Geschmacks einer bestimmten Region, einem bestimmten Terroir zuordnet, gibt man das Buch nicht mehr aus der Hand. Hedwig Kainberger, Kultur Daniel Kehlmann: „Tyll“Die Erzählung aus dem 30jährigen Krieg führt in die denkbar extremsten Situationen des Lebens – andauernden argen Hunger, blutiges Kriegsgemetzel oder bittere Einsamkeit. Zugleich wird aber das Eigentliche von Lebensfreude kostbar: das Lachen, das Einverständnis, das Sattwerden, das Staunen. Daniel Kehlmann ist etwa die weitum appetitlichste Schilderung eines Henkersmahls gelungen. Und er macht deutlich, dass Inquisitoren meist die fanatischeren Esoteriker und Salbader waren als die von ihnen als Hexen und Hexer Verurteilten. Robert Innerhofer, Onlineredaktion Bruce Springsteen: „Born to Run“Die Autobiografie gibt tiefe Einblicke in das Seelenleben des Rockstars und Menschen Bruce Springsteen. Der USMusiker spricht offen über Herkunft und Werdegang, Schattenseiten des Ruhms und persönliche Abgründe. Der „Boss“tut das voller Hingabe für seinen Beruf – unverblümt, ehrlich und durchaus selbstironisch. Peter Gnaiger, Kulinarik Frédéric Beigbeder: „39,90“Der Autor war noch Werber, als er in diesem Roman über die Praktiken seiner Arbeitgeber und deren Kunden vom Leder zog. Nach dem Erscheinen wurde ihm gekündigt. Jetzt lebt er von der Suche nach der Wahrheit. Andreas Tröscher, Chronik Rudi Valenta: „Kampf um den Goldpokal“Mein Lebensbuch ist natürlich mein allererstes Buch – von und mit Rudi Valenta, einem heimischen Radsport-Ass aus der Nachkriegszeit. 24 Stunden im Abgasrausch im Vélodrome d’Hiver in Paris hinter einem Derny. Gelesen so mit etwa neun, zehn. Der Eindruck war – wie man heute zu sagen pflegt – nachhaltig. Valenta glaubt im Taumel, er hätte gewonnen, dabei wird er „nur“Zweiter. Ebenso wie er dann die Wahl zum Sportler des Jahres knapp an den Panther von Glasgow, Walter Zeman, verliert. Susanna Berger, Lokales Elke Heidenreich: „Alles kein Zufall“Ein Buch mit ganz kurzen Geschichten, oft nur fünf, sechs Zeilen lang. Die Autorin sagt mit wenigen Worten ganz viel und nachdem man die Geschichte gelesen hat, denkt man diese noch lange weiter. Fabelhaft!!!