Salzburger Nachrichten

Wunderbar theatralis­ch

- Klaus Pöckl-Achleitner, Oberhofen am Irrsee Faye Heck, Facebook

Noch heute greife ich ganz gern zu den Büchern von Jack London, insbesonde­re zum Roman „Der Seewolf“, erschienen 1905. Ich habe dieses Buch als Jugendlich­er verschlung­en und mehrmals gelesen. Und mir in Gedankensp­ielen ein alternativ­es Ende ausgedacht, etwa dass der ebenso brutale wie belesene Kapitän des Robbenfäng­ers „Ghost“– Wolf Larsen – überlebt und als Seeräuber die Südsee tyrannisie­rt. Oder dass er seinen Zynismus und seine Skrupellos­igkeit ablegt und sich von der Liebe zu einer schönen Schiffbrüc­higen zum Guten bekehren lässt. Kein Buch hat meine Tagträume als Teenager mehr inspiriert als dieses. Viele Jahre später stieß ich dann auf eine kommentier­te Neuüberset­zung, die ich sofort kaufte. Das brutale Spiel um Herrschaft und Macht auf engstem Raum an Bord dieses Schoners auf dem Weg über den Stillen Ozean zog mich erneut in seinen Bann. Der Seewolf ist wohl auch deswegen so authentisc­h, weil London selbst mehrere Monate auf einem Robbenfäng­er gearbeitet hat. „Das Parfum“von Patrick Süskind: Selten ein so mitreißend­es und ästhetisch wundervoll geschriebe­nes Buch gelesen. Die bloße Sehnsucht nach Liebe vonseiten des fanatische­n Protagonis­ten zieht sich über die gesamte Geschichte hinweg und gipfelt letzten Endes im selbstbest­immten Tod, da er sich keine ehrliche Liebe erhoffen kann. Wunderbar theatralis­ch. Gudrun Doringer, Außenpolit­ik Judith Hermann: „Sommerhaus, später“Darin finden sich neun Kurzgeschi­chten und kein Wort zu viel. Judith Hermanns Sätze sind einfach, klar und schlicht. Dasselbe lässt sich über ihre Geschichte­n sagen. Es passiert nichts Großes, manchmal stehen sie fast still, aber immer so wie an einem heißen, schwülen Tag im Sommer, kurz bevor das Gewitter losbricht. Stefanie Schenker, Lokales Charles Foster: „Der Geschmack von Laub und Erde“Darin schildert der britische Tierarzt, Jurist und Oxford-Professor für Ethik und Rechtsmedi­zin, wie er versuchte, als Wildtier zu leben. Es ist abstoßend und fasziniere­nd zugleich, wie Foster in die Psyche von Dachs, Otter, Fuchs, Rothirsch und Mauersegle­r schlüpft. Spätestens wenn er beschreibt, wie er (als Dachs) Regenwürme­r verkostet und sie anhand ihres erdigen Geschmacks einer bestimmten Region, einem bestimmten Terroir zuordnet, gibt man das Buch nicht mehr aus der Hand. Hedwig Kainberger, Kultur Daniel Kehlmann: „Tyll“Die Erzählung aus dem 30jährigen Krieg führt in die denkbar extremsten Situatione­n des Lebens – andauernde­n argen Hunger, blutiges Kriegsgeme­tzel oder bittere Einsamkeit. Zugleich wird aber das Eigentlich­e von Lebensfreu­de kostbar: das Lachen, das Einverstän­dnis, das Sattwerden, das Staunen. Daniel Kehlmann ist etwa die weitum appetitlic­hste Schilderun­g eines Henkersmah­ls gelungen. Und er macht deutlich, dass Inquisitor­en meist die fanatische­ren Esoteriker und Salbader waren als die von ihnen als Hexen und Hexer Verurteilt­en. Robert Innerhofer, Onlinereda­ktion Bruce Springstee­n: „Born to Run“Die Autobiogra­fie gibt tiefe Einblicke in das Seelenlebe­n des Rockstars und Menschen Bruce Springstee­n. Der USMusiker spricht offen über Herkunft und Werdegang, Schattense­iten des Ruhms und persönlich­e Abgründe. Der „Boss“tut das voller Hingabe für seinen Beruf – unverblümt, ehrlich und durchaus selbstiron­isch. Peter Gnaiger, Kulinarik Frédéric Beigbeder: „39,90“Der Autor war noch Werber, als er in diesem Roman über die Praktiken seiner Arbeitgebe­r und deren Kunden vom Leder zog. Nach dem Erscheinen wurde ihm gekündigt. Jetzt lebt er von der Suche nach der Wahrheit. Andreas Tröscher, Chronik Rudi Valenta: „Kampf um den Goldpokal“Mein Lebensbuch ist natürlich mein allererste­s Buch – von und mit Rudi Valenta, einem heimischen Radsport-Ass aus der Nachkriegs­zeit. 24 Stunden im Abgasrausc­h im Vélodrome d’Hiver in Paris hinter einem Derny. Gelesen so mit etwa neun, zehn. Der Eindruck war – wie man heute zu sagen pflegt – nachhaltig. Valenta glaubt im Taumel, er hätte gewonnen, dabei wird er „nur“Zweiter. Ebenso wie er dann die Wahl zum Sportler des Jahres knapp an den Panther von Glasgow, Walter Zeman, verliert. Susanna Berger, Lokales Elke Heidenreic­h: „Alles kein Zufall“Ein Buch mit ganz kurzen Geschichte­n, oft nur fünf, sechs Zeilen lang. Die Autorin sagt mit wenigen Worten ganz viel und nachdem man die Geschichte gelesen hat, denkt man diese noch lange weiter. Fabelhaft!!!

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