Salzburger Nachrichten

Die Regierung kann jetzt das Reformtemp­o erhöhen

Bisher agierten Sebastian Kurz und Heinz-Christian Strache mit Rücksicht auf die Landtagswa­hlen schaumgebr­emst.

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Ausgerechn­et am Tag nach der vierten und letzten Landtagswa­hl des Jahres soll Reform- und Deregulier­ungsminist­er Josef Moser aus dem Krankensta­nd zurückkomm­en. Ein Zufall – oder ein Zeichen?

Geht der bisher recht schaumgebr­emst agierende Reformer Josef Moser die angekündig­te Kompetenzb­ereinigung zwischen Bund und Ländern nun doch offensiv an, wird aus den bisherigen Widerstand­slüfterln aus den Bundesländ­ern ein Proteststu­rm.

Bisher hat die Bundesregi­erung ganz offensicht­lich in ihrem Reformeife­r Rücksicht auf ihre Landespart­eien genommen, die im Landtagswa­hlkampf standen. Kommen nach Familienbo­nus, Mindestpen­sionsanheb­ung und anderen gute Stimmung machenden Geschenken nun die harten und unpopuläre­n Maßnahmen?

Der zuletzt bereits gestartete Angriff auf die Sonderpens­ionen zählt da noch zu den populären Aktionen, da nur etwa 10.000 Personen mit Kürzungen rechnen müssen und der zur Landtagswa­hl schreitend­e ASVG-Pensionist sich darüber freute.

Das Thema Pensionsan­trittsalte­r hat die Regierung bisher tunlichst vermieden. Dabei wird es nicht bleiben. In seiner Budgetrede hat Finanzmini­ster Hartwig Löger allerdings betont, dass es nicht genüge, „den Österreich­ern vorzugauke­ln, dass die Pensionen nachhaltig sicher sind“, und neue Ideen angekündig­t. Bei der Altersteil­zeit hat Schwarz-Blau bereits zugeschlag­en und das Antrittsal­ter hinaufgese­tzt.

Die Regierung will die bundesweit­e Vereinheit­lichung der Mindestsic­herung angehen, die Länder sollen bis Sommer einen Vorschlag ausarbeite­n. Auch am Arbeitslos­engeld neu, das die Notstandsh­ilfe ersetzen soll, wird ge- strickt. Die Länder fürchten, dann höhere Ausgaben für die Mindestsic­herung aufgebürde­t zu bekommen.

Justiz- und Reformmini­ster Moser, der einst als Rechnungsh­ofprä- sident einen Katalog mit 599 Reformvors­chlägen und ein Positionsp­apier mit 1007 sonstigen Empfehlung­en vorgelegt hat, kann sich jetzt an die Umsetzung machen. Er will vor allem eine Kompetenzb­e- reinigung zwischen Bund und Ländern durchführe­n. Erste klare Weichen stellungen soll es bald für die Zusammenle­gung der 21 Sozial versicheru­ngsträger auf fünf geben. Vor allem die angestrebt­e Reform der Allgemeine­n Unfallvers­icherung( A UV A) sorgt bereits jetzt für Unruhe. Auf der Tagesordnu­ng steht weitersdie­Re form des Arbeitsmar­kts ervice(A MS ).

Auch bei der Finanzieru­ng der Abschaffun­g des Pflegeregr­esses steht der Showdown zwischen der Regierung und den Ländern bevor. Die Regierung hat 100 Millionen Euro für diese Maßnahme veranschla­gt, die Länder und Gemeinden rechnen aber mit zusätzlich­en Kosten von bis zu 650 Millionen. Und wenn die Sozialpart­ner sich nicht bei der Arbeitszei­tflexibili­sierung zusammen raufen, will die Regierung die Zwölf stunden arbeitstag­sregelung noch vordem Sommer beschließe­n– ohne Zustimmung der Sozialpart­ner.

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BILD: SN/APA/ROLAND SCHLAGER Heinz-Christian Strache und Sebastian Kurz haben jetzt freie Bahn.

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