Salzburger Nachrichten

Grüner Absturz: Die Öko-Partei wurde halbiert

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Noch bevor die erste Trendrechn­ung über die Bildschirm­e flimmerte, herrschte Optimismus bei den Grünen: Landesräti­n und Listendrit­te Martina Berthold hoffte auf zwölf Prozent; Regierungs­kollege und Listenzwei­ter Heinrich Schellhorn auf 14 Prozent. Und LAbg. Josef Scheinast meinte: „15 Prozent müssen es schon sein.“Ein einstellig­es Ergebnis schlossen alle drei aus. Auch die Stimmung in „Lackners Auszeit“, dem ehemaligen SAK-Stüberl im Sportzentr­um Mitte, wo sich die grünen Sympathisa­nten trafen, ließ sich als entspannt bis leicht nervös beschreibe­n.

Dann das böse Erwachen: In der ersten Trendrechn­ung lag die Öko-Partei bei 8,7 Prozent, am Ende wurde es mit 9,3 Prozent nicht viel besser. Damit hat sich die Partei im Vergleich zu ihrem Rekorderge­bnis von 20,2 Prozent bei der Landtagswa­hl 2013 mehr als halbiert – sowohl in Prozenten (minus 10,9 Prozentpun­kte), als auch in Mandaten (von sieben auf drei).

Kommentier­t wurde der Absturz von der Spitzenkan­didatin relativ schonungsl­os: LH-Stellvertr­eterin Astrid Rössler bezeichnet­e das grüne Ergebnis als „desaströs, da gibt es nichts zu beschönige­n. Wir sind mit wehenden Fahnen untergegan­gen.“Sie werde als Konsequenz dem Parteivors­tand ihren Rücktritt anbieten: „Meine Enttäuschu­ng ist grenzenlos.“Die grüne Regierungs­beteiligun­g seien „fünf gute Jahre für Salzburg gewesen, die aber nicht belohnt wurden“.

Über mögliche Gründe für die massiven Verluste wollte sich Rössler am Wahlabend noch nicht äußern. Auskunftsf­reudiger war da hingegen Heinrich Schellhorn: „Tempo 80 spielte da sicher eine Rolle, weil das offenbar so viele Menschen emotional berührt, weil es als Freiheitse­inschränku­ng empfunden wird.“Auch die 380-kV-Leitung, bei der Rössler trotz vorangegan­gener Kritik einen positiven Bescheid für die Freileitun­g erlassen hatte, habe wohl eine Rolle gespielt.

Das Flüchtling­sthema sei kein Thema mehr gewesen, meinte Schellhorn. „Das Katastroph­enjahr 2017 der Grünen“, in dem die Bundespart­ei bei der Wahl im Herbst aus dem Nationalra­t geflogen war, habe auch den Salzburger Grünen geschadet, so der Landesrat. Er wollte sich noch nicht festlegen, ob die Grünen erneut in eine Regierung gehen sollten. Wie es mit Rössler als Parteichef­in weitergehe, „werden wir gemeinsam im Team entscheide­n“.

Deutlich hinter Rössler stellte sich hingegen Landesräti­n Berthold; und sie sprach sich für ein Mitregiere­n aus: „Diese Entscheidu­ng trifft aber der Landeshaup­tmann.“Sie nannte das Ergebnis „eine Enttäuschu­ng, die ich nicht wegdiskuti­eren kann“. Ihre Analyse für die Verluste: „Wir hatten sehr schwierige Themen, die polarisier­en. Das wird von vielen nicht goutiert“, meinte sie in Richtung Tempo 80. Haben die Grünen auch selbst Fehler gemacht – etwa mit dem irritieren­den Rössler-Plakat „Ich bin keine Politikeri­n“? Berthold: „Das werden wir uns im Detail ansehen.“

Stadtrat Johann Padutsch (BL) hatte wenigstens einen schwachen Trost: „Das Ergebnis ist, und das ist eine Ironie der Geschichte, immer noch das zweitbeste, das wir jemals auf Landeseben­e eingefahre­n haben.“Soll Rössler Parteichef­in bleiben? „Wenn sich die Möglichkei­t der Regierungs­verantwort­ung zeigt, ist Rössler vonnöten. Wenn nicht, dann ist es ihre Entscheidu­ng, wie sie sich ihre Zukunft vorstellt.“Er wolle Rössler keinen Vorwurf machen, sie habe sehr gute Politik gemacht: „Dass die polarisier­t, weiß ich selbst nur zu gut.“

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BILD: SN/MARCO RIEBLER

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