Europäer wollen Trump in den Atomdeal einbinden
Macron & Merkel versuchen, dem aufbrausenden Mann im Weißen Haus das wichtige Iran-Abkommen schmackhaft zu machen.
Was Frankreichs Präsident Emmanuel Macron mit Glamour-Politik und diplomatischer Raffinesse nicht gelungen ist, wird die deutsche Kanzlerin Angela Merkel mit ihrem sachlichen Stil auch nicht schaffen. Mit vereinten Kräften und unterschiedlichen Methoden probieren Europas Spitzenpolitiker, beim Besuch in Washington das Atomabkommen mit dem Iran zu retten. Doch US-Präsident Donald Trump zeigt sich vorerst entschlossen, den Deal aufzukündigen. Käme es tatsächlich dazu, wäre es ein Riesenfehler.
Zum einen könnte das Timing für einen solchen Schritt nicht ungünstiger sein. Wie soll Nordkoreas Führer Kim Jong Un überredet werden, auf seine schon existierenden Atomwaffen zu verzichten, wenn Washington einen Vertrag zerreißt, der den Iran vom Bau künftiger Atomwaffen abhalten soll?
Zum anderen kann das Ende des Atomdeals in der Krisen- und Kriegsregion Nahost nur destabilisierend wirken. Ein Rüstungswettlauf mit den Arabern käme in Gang, wenn die Iraner ihr Atomprogramm wieder forcierten. Die Gefahr einer direkten Konfrontation mit Israel würde desto größer, je mehr Atomwaffen für die Iraner in Reichweite rückten.
Der Atomdeal hat ein explosives Sicherheitsproblem entschärft. Aber er hat nichts ändern können an Teherans expansivem Kurs in Nahost und seiner Raketenrüstung. Im Gegenteil: Teheran sieht sich ermutigt durch ein Abkommen, das für Irans Atomverzicht internationale Sanktionen gegen das Land aufhebt. Der Atomdeal hat inhaltlich nichts zu tun mit Irans Verhalten im Libanon, in Syrien oder im Jemen. Doch Washington rügt, dass Teheran damit gegen den „Geist“des Abkommens verstoße.
Macron versucht, europäische Vertragstreue und amerikanische Besorgnisse miteinander zu verschränken. Er will am Atomabkommen festhalten. Darüber kann nicht neu verhandelt werden; das hat Teheran klargestellt. Aber Macron will den Atomdeal mit weiteren Vereinbarungen verknüpfen. Über Irans Raketenbau und Regionalpolitik soll separat gesprochen werden. Darin könnte auch Teheran einwilligen, sobald es sieht, dass die wirtschaftlichen Vorteile des Atomdeals erreicht sind. Noch immer sind US-Sanktionen gegen Teheran in Kraft, die ausländische Firmen von Investitionen abhalten und den Iran vom internationalen Zahlungsverkehr abschneiden.
Macron hat Trump eine gesichtswahrende Lösung angeboten. Aber am Ende wird der Meinungskampf im Trump-Team darüber entscheiden, ob das Weiße Haus diesem vernünftigen Vorschlag folgt.