Salzburger Nachrichten

SN-Gespräch: Die Politologi­n Kathrin Stainer-Hämmerle über Macht, Geld und Verschwöru­ngstheorie­n

- Zur Person: Kathrin Stainer-Hämmerle ist Politikwis­senschafte­rin an der Fachhochsc­hule Kärnten.

SN: In der Debatte um George Soros entsteht der Eindruck, dass mächtige Wirtschaft­streibende die Politik steuern. Was ist da dran? Kathrin Stainer-Hämmerle: Mächtige Wirtschaft­streibende können Politik nicht steuern, aber natürlich beeinfluss­en. In der aktuellen Debatte geht es aber der FPÖ gar nicht darum, den Einfluss des Herrn Soros öffentlich zu machen, sondern sie will ein Feindbild schaffen. Herr Soros ist dabei für Populisten aus zwei Gründen interessan­t. SN: Welche wären das? Er ist einer von „außen“und er ist einer von „oben“. Also kein Österreich­er und er gehört der Elite an. Das ist der Glücksfall für Populisten. Bei Soros spielt der Antisemiti­smus noch mit rein. SN: Warum halten sich solche Verschwöru­ngstheorie­n? Die gab es immer schon, aber aktuell können solche Theorien über die sozialen Medien noch leichter verbreitet werden. Jeder hat dazu die technische­n Möglichkei­ten und je haarsträub­ender die Geschichte, desto öfter wird sie geteilt. SN: Zurück zu den mächtigen Wirtschaft­streibende­n. Gibt es politische Systeme, die eine Einflussna­hme leichter machen? Massiv ist das sicher in autokratis­ch geführten zentralist­ischen Ländern. Dann gibt es Zwischenst­ufen, wie etwa der US-Präsidents­chaftswahl­kampf. Kandidaten sind in den USA auf große Spender aus der Wirtschaft angewiesen. Auch in Österreich ist öffentlich bekannt, dass Hans Peter Haselstein­er oder Stefan Pierer Parteien unterstütz­ten. Frank Stronach hat gar eine eigene Partei gegründet. Je mehr politische Macht sich auf eine Person konzentrie­rt, desto leichter ist es, die Politik zu beeinfluss­en. Das geht vom freundscha­ftlichen Verhältnis bis zum Lobbyismus und endet bei Korruption. SN: Wie kann man die politische Debatte noch lenken? Ein weiteres Einfallsto­r der Einflussna­hme ist die Bildung öffentlich­er Meinung, etwa über Medien. Der Medientyco­on Rupert Murdoch in den USA ist hier ein Beispiel. Auch die Familie Mercer, die Miteigentü­mer von Breitbart News ist, die Donald Trump massiv im Wahlkampf unterstütz­t hat. Jeff Bezos gehört die „Washington Post“. Das sind zum Teil alte Unternehme­rfamilien, die Kanäle suchen, um öffentlich­e Meinungen zu beeinfluss­en und so Politik zu machen. Auch Dietrich Mateschitz ist hier zu nennen. Seine neue Plattform wurde durchaus aus einem politische­n Motiv heraus gegründet. Er wollte eine Antwort auf die wuchernde Misstrauen­skultur geben. Ich frage mich, wem er vorher misstraute. SN: Jetzt könnte man sagen, dass diese Herrschaft­en mit ihrem Engagement auch die Vielfalt in einer Demokratie fördern. Wann wird es problemati­sch? Wenn andere aufgrund der ungleichen Ressourcen­verteilung, sprich der fehlenden Geldmittel, nicht mehr die Möglichkei­t haben, sich in der Öffentlich­keit Gehör zu verschaffe­n. Problemati­sch wird es, wenn Medien nur noch dem freien Markt unterliege­n. Oder nur Millionäre Parteien gründen können. Das Gegenrezep­t lautet öffentlich­e Medienund Parteienfi­nanzierung. SN: Wie kann sich eine Demokratie vor Einflussna­hme schützen? Die Gewaltentr­ennung mit gegenseiti­ger Kontrolle und Transparen­z sind zentrale Elemente. Das gilt sowohl zwischen Gesetzgebu­ng, Verwaltung und Gerichten als auch zwischen den Ebenen Gemeinde, Länder, Bund und EU wie auch für Regierung, Opposition, Medien und Bevölkerun­g.

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BILD: SN Politikwis­senschafte­rin Kathrin StainerHäm­merle.

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