Nach Macron versucht Merkel ihr Glück in Washington
Frankreichs Präsident erreichte von Iran bis zu den Strafzöllen wenig bei Donald Trump. Jetzt ist die Kanzlerin dran.
WASHINGTON. Der Besuch der deutschen Bundeskanzlerin verspricht kurz, aber nicht schmerzlos zu werden. Zweieinhalb Stunden wird Angela Merkel heute, Freitag, mit USPräsident Donald Trump im Weißen Haus zusammenkommen, um über die gleichen Themen zu sprechen wie Tage zuvor Frankreichs Präsident Emmanuel Macron.
Während Macron es bei dem dreitägigen Staatsbesuch mit einer Charmeoffensive versucht hat, setzt Merkel auf hartnäckigen Pragmatismus. Es steht zu befürchten, dass sich am Ende beide eine Abfuhr einholen. Darauf deuten Äußerungen Macrons zum Abschluss seiner Reise und die Merkels vor ihrem Abflug am Donnerstag hin.
Macron nahm sich kein Blatt vor den Mund, als ihn Journalisten nach den Aussichten für den Fortbestand des Atomabkommens mit dem Iran befragten. Er nehme an, dass Trump den Deal Mitte Mai platzen lassen werde. „Vor allem aus innenpolitischen Gründen“, sagte Macron. Ganz ähnlich schätzt man in Berlin die Lage bei den US-Schutzzöllen auf Stahl und Aluminium ein, von denen die EU bisher ausgenommen war. „Aus heutiger Sicht muss man davon ausgehen, dass die Zölle am 1. Mai kommen“, sagte ein Berater der Bundeskanzlerin.
In Washington stellt man sich auf ein wenig freundliches Treffen mit der deutschen Kanzlerin ein. Es sei „deprimierend“, wie wenig die US-Regierung Argumenten zugänglich sei, sagt ein Insider. Dass der neu installierte Nationale Sicherheitsberater John Bolton oder der am Donnerstag bestätigte Außenminister Mike Pompeo mäßigend einwirken könnten, kann unter Wunschdenken verbucht werden.
Mit Blick auf die Handelspolitik braucht der Präsident keine Berater, die ihn weiter anstacheln. Spätestens seit dem berüchtigten „Playboy“-Interview 1990 ist Trumps protektionistische Weltsicht gut dokumentiert. Das Magazin wollte wissen, was seine erste Amtshandlung als Präsident im Oval Office wäre. „Ich würde eine Steuer auf jeden Mercedes-Benz aufschlagen, der in dieses Land rollt“, sagte Trump. Der Präsident nimmt mit den Zöllen auf Stahl und Aluminium erkennbar Anlauf auf dieses Ziel. Merkel wird deshalb versuchen, ihm noch einmal einzuschärfen, dass sich die USA damit vor allem selbst schaden. Denn deutsche Autobauer exportieren inzwischen mehr in den USA gefertigte Fahrzeuge in alle Welt als ihre US-Konkurrenten. Sollte Trump hart bleiben, sei das kein Grund, in Panik zu verfallen. „Dann muss man sehen, wie man damit umgeht“, heißt es in deutschen Regierungskreisen. Die EU werde eine gemeinsame Linie vertreten. Sei es bei der Anrufung der Welthandelsorganisation WTO oder Vergeltungsmaßnahmen. Im Gespräch sind Strafzölle auf die Einfuhr amerikanischer Produkte wie Whiskey, Motorräder und Jeans.
Dass Trump der Kanzlerin kein Fest bereiten wird, darauf stellte Wess Mitchell, der für Europa zuständige Staatssekretär im US-Außenministerium, Berlin bei seinem Besuch kürzlich ein. Trump werde von der Kanzlerin höhere Verteidigungsausgaben verlangen und einen Stopp des deutsch-russischen Pipeline-Projekts Nord Stream 2 zur Sprache bringen.