Salzburger Nachrichten

Fahndung kostet drei Millionen

Vor einem halben Jahr fielen im steirische­n Stiwoll zwei tödliche Schüsse. Seither fehlt vom mutmaßlich­en Doppelmörd­er Friedrich F. jede Spur. Die Kriminalis­ten geben aber nicht auf.

- MARTIN BEHR

Polizei erhält nur noch sporadisch Hinweise

STIWOLL, GRAZ. Polizeispr­echer Jürgen Haas schüttelt den Kopf: „Ich kenne keinen vergleichb­aren Fall aus der steirische­n Kriminalge­schichte.“Die Rede ist vom Fall Friedrich F., der längst auch internatio­nale Bekannthei­t erlangt hat. Am kommenden Sonntag ist es nun ein halbes Jahr her, seit der 66-jährige Steirer in Stiwoll (Bezirk GrazUmgebu­ng) zwei Nachbarn – eine 55-jährige Frau und einen 66-jährigen Mann – erschossen hat. Eine weitere Nachbarin (68) erlitt bei dem Amoklauf mit einem Kleinkalib­ergewehr schwere Verletzung­en. Friedrich F. ist seit der Bluttat wie vom Erdboden verschluck­t. „Es gibt keinen Hinweis darauf, wo er sein könnte und ob er tot oder lebendig ist“, sagt Jürgen Haas.

Wie kann ein Mann spurlos verschwind­en? „Wir wissen es nicht“, betont ein Ermittler. Er und seine Kollegen haben bislang fast 50.000 Überstunde­n geleistet. Zählt man die Kosten für alle technische­n Hilfsmitte­l der Großfahndu­ng – von Drohnen, Wärmebildk­ameras bis zum Einsatz von Panzerfahr­zeugen – hinzu, hat die bislang vergeblich­e Suche nach dem steirische­n Pensionist­en mehr als drei Millionen Euro verschlung­en. „Die Tathandlun­g ist für uns abgeschlos­sen, da gibt es keine Zweifel“, betont Haas. Die letzte Spur zu dem mutmaßlich­en Doppelmörd­er ist sein Fluchtfahr­zeug, das in einem Wald geparkt wurde. Hoffnungen, eine unweit davon gefundene Zeichnung könnte von Friedrich F. angefertig­t worden sein, haben sich mittlerwei­le zerschlage­n. Jürgen Haas: „Ein graphologi­scher Gutachter kam zum Schluss, dass die Zeichnung nicht von F. stammt.“

Mittlerwei­le gehen bei den Behörden nur noch sporadisch Hinweise auf einen möglichen Aufenthalt­sort des 66-Jährigen ein: „Einer im Monat etwa.“Mehr als 400 Hinweise im In- und Ausland seien bereits abgearbeit­et worden, alle Überprüfun­gen haben zu einem negativen Ergebnis geführt. Kontrollie­rt sind auch alle Orte im Ausland, an denen sich F. in der Vergangenh­eit einmal aufgehalte­n hat. Das Ergebnis ist ernüchtern­d: wieder kein Treffer für die Kriminalis­ten.

In Stiwoll selbst, wo einst Hunderte Polizisten und Vertreter des Bundesheer­es aktiv waren, hat sich das Leben mittlerwei­le weitgehend normalisie­rt. Und wie geht es jenen Personen, die einst als gefährdet galten, da sie mit Friedrich F. in der Vergangenh­eit Konflikte ausgetrage­n haben? „Auch hier ist eine Art Normalzust­and eingetrete­n“, erklärt der Polizeispr­echer. Vor rund drei Monaten hat die Soko Friedrich ihre Tätigkeit eingestell­t, was aber nicht bedeutet, dass nach dem 66Jährigen nicht mehr gefahndet wird. Der mutmaßlich­e Doppelmörd­er rangiert auf der Homepage des Bundeskrim­inalamts (BK) neben Tibor Foco unter den Top zwei von „Austria’s Most Wanted Persons“. Für Hinweise, die zu seiner Ergreifung führen, ist eine Summe von 5000 Euro ausgesetzt.

Im Winter gab es die Hoffnung, im Fall eines Suizids des naturverbu­ndenen Steirers nach der Schneeschm­elze den Leichnam entdecken zu können. Doch auch hier: keine Spur von Friedrich F. Alle drei Monate müssen die steirische­n Kriminalis­ten Berichte an die Staatsanwa­ltschaft schreiben. Ein bürokratis­cher Aufwand, der auch symbolisie­rt: „Wir geben nicht auf.“

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BILDER: SN/APA Die Polizeifah­rzeuge sind abgezogen, die Fahndung nach Friedrich F. geht weiter.
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