Salzburger Nachrichten

Lutz-Eigentümer wurde von Zukauf überrascht

Manchmal kommt es schneller, als man denkt. XXXLutz fällt die deutsche Möbelkette Poco zu. Wird man damit Nummer zwei auf dem Weltmarkt?

- Möbelkrimi

SALZBURG. Andreas Seifert, Eigentümer der XXXLutz-Kette, war am Mittwoch selbst überrascht, „beinahe überrumpel­t“, wie es aus seinem engsten Umfeld heißt, als er am Ende des Prozesstag­s am Landgerich­t Dortmund die deutsche Möbelkette Poco im Gepäck hatte. Damit kommen nicht weniger als 1,6 Milliarden Euro Umsatz und 8000 Mitarbeite­r vollständi­g zum Welser Handelskon­zern hinzu, der derzeit 22.000 Mitarbeite­r beschäftig­t und zuletzt einen Umsatz von 4,2 Mrd. Euro ausgewiese­n hat.

Alles ging so schnell, dass noch nicht ganz klar ist, wie Poco gesellscha­ftsrechtli­ch bei Lutz eingeglied­ert wird. „Das wird im Rahmen der Erstellung der Kaufverträ­ge erfolgen“, erklärt Lutz-Sprecher Thomas Saliger. Jedenfalls werde Poco Mitglied im Giga-Einkaufsve­rband. Bei Lutz rechnet man unterdesse­n bereits, ob der Möbelriese mit Poco die Nummer zwei am Weltmarkt hinter Ikea wird.

Die Poco-Übernahme spielt in einem der weltweit größten Wirtschaft­skrimis um den südafrikan­isch-niederländ­ischen SteinhoffK­onzern, zu dem auch Kika/Leiner gehört (siehe Geschichte daneben). Bei dem Skandal geht es um mutmaßlich­e Bilanzbetr­ügereien im großen Stil. Der am Mittwoch erzielte Vergleich zwischen Steinhoff und Lutz-Eigner Seifert sieht vor, dass Steinhoff seinen 50-ProzentAnt­eil an Poco für 266 Millionen Euro an den Konkurrent­en veräußert. Steinhoff hatte Poco zuvor mit insgesamt 650 Mill. Euro bewertet, Seifert mit 472 Mill. Euro. Die Finan- zierung stemmt Lutz über den Cashflow und die Hausbanken.

Es war akkurat Seifert, der den Skandal um Steinhoff mit einer Anzeige bei der Staatsanwa­ltschaft in Oldenburg ins Rollen gebracht hatte. Seit Herbst des vergangene­n Jahres kämpft der Steinhoff-Konzern mit seinen mehr als 100.000 Mitarbeite­rn ums Überleben. Die Bilanzen, so verdichten sich nun die Anzeichen, waren aufgebläht, Umsätze wurden künstlich geschönt. Die Aktie verlor 95 Prozent ihres Werts.

Vereinfach­t gesagt ging es in der Causa Poco darum, wem der deutsche Möbelhändl­er denn eigentlich gehört. Steinhoff und Seifert versuchten seit Jahren, sich gegenseiti­g die Anteile abspenstig zu machen.

Ein ähnliches Verfahren spielt sich um die französisc­he Möbelkette Conforama ab. Gerichtsst­andort ist Wien. Bei Lutz heißt es, das sei ein anderes Verfahren. Man warte ab, was geschehe. Aber möglicherw­eise ist die Poco-Übernahme die Blaupause für die Conforama.

Die Strategie von Lutz für das neue Unternehme­n sei klar, sagt Saliger. Es werde eigenständ­ig weitergefü­hrt, mit eigener Preispolit­ik. Aber natürlich erwarte man Synergien, nicht zuletzt sollte sich dies auch auf die Preise bei Lutz, Mömax und Möbelix auswirken.

Das deutsche „Handelsbla­tt“zitiert Poco-Gründer Peter Pohlmann, der sein Lebenswerk an Steinhoff verkauft hatte, so: „Wir haben uns wie die Pferdehänd­ler geeinigt.“Gemeint war die Kaufpreisf­indung vor Gericht. Pohlmann ist aber auch überzeugt, dass Poco „bei XXXLutz besser aufgehoben ist. Der hat bessere Möglichkei­ten als wir“, findet Pohlmann. Seine Familienst­iftung muss noch zustimmen, dann sind der als Rahmenvert­rag formuliert­e Vergleich und Verkauf beschlosse­n.

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