Begehrte Scheinwerfer aus Wieselburg
Der niederösterreichische Beleuchtungsspezialist ZKW tritt mit einem Schlag aus dem Schatten. Was den koreanischen LG-Konzern dazu treibt, für den Mittelständler 1,1 Milliarden Euro auszugeben und eine Standortgarantie abzugeben.
WIEN. Wieselburg, unweit von Scheibbs/NÖ, ist mehr Österreichern bekannt als Standort der gleichnamigen Brauerei denn als Hauptsitz „eines der weltweit führenden Anbieter von PremiumLichtund Elektroniksystemen“. So beschreibt sich die ZKW Group selbst. Wer den Namen nicht kennt, braucht sich nicht zu schämen, ZKW ist einer jener verborgenen Weltmarktführer oder „hidden champions“, auf die die heimische Wirtschaft so stolz ist.
Qualität und Innovationskraft des bisherigen Familienunternehmens im Bereich Autoscheinwerfer haben sich bis nach Südkorea durchgesprochen. Am gestrigen Donnerstag gab der Aufsichtsrat des Unternehmens grünes Licht für die vollständige Übernahme durch den südkoreanischen Mischkonzern LG, großteils über die Tochter LG Electronics. Mit vereinten Kräften will man bis zum Jahr 2025 weltweiter Topzulieferer für Licht- und Scheinwerfersysteme für Elektround selbstfahrende Autos sein, sagt ZKW-Chef Oliver Schubert.
Mit einem Kaufpreis von 1,1 Milliarden Euro handelt es sich um die größte Transaktion in der Geschichte beider Unternehmen.
Die Marke ZKW soll ebenso bestehen bleiben wie die beiden heimischen Standorte Wieselburg und Wiener Neustadt, an denen insgesamt 3500 Mitarbeiter beschäftigt sind. Unverändert bleiben soll auch das österreichische Management. LG hat formal eine fünfjährige Bestandsgarantie abgegeben. Österreich solle überhaupt langfristig eine entscheidende Rolle spielen, erklärt Jin Yong Kim, Vizepräsident von LG Electronics. Sein Unternehmen lege großen Wert auf Menschen, örtliche Gemeinschaft und auf Tradition, „Sie müssen sich keine Sorgen machen“, betont er.
Der jetzt erfolgten Übernahme gingen zahlreiche Anfragen von mehreren Seiten voraus, „wir waren sehr begehrt“, beschreibt es der für Strategie zuständige Firmensprecher Roland Wöss. Der 77-jährige bisherige Eigentümer Ulrich Mommert habe das Unternehmen nachhaltig absichern wollen. Nach Prüfung zahlreicher Optionen – darunter auch ein Börsegang – habe man sich für die Partnerschaft mit LG entschieden. Beide Unternehmen verbinde schon bisher eine langjährige, vertrauensvolle Zusammenarbeit. Die Mitarbeiter beider heimischer Standorte hätten auf die Nachricht der Übernahme mit Beifall reagiert, heißt es.
Abgesehen von der gegebenen Mitarbeiter-Garantie wären Entlassungen auch operativ kein Thema gewesen, weil es praktisch keine überschneidenden Bereiche gebe. Aus diesem Grund könne man auch noch keine relevanten Marktanteile nennen, die müssten erst definiert werden. Während ZKW vor allem Scheinwerfer erzeugt, baut LG in erster Linie Rücklichter.
Laut ZKW-Chef Oliver Schubert bietet die Partnerschaft „nahezu unbegrenzte Möglichkeiten, die Technologie der Zukunft zu gestalten“. Gemeint sind „intelligente Scheinwerfer“, die dank eingebauter Sensoren und Kameras Informationen aufnehmen und mit Verkehrsteilnehmern kommunizieren, also „fühlen und sehen“können.
Mit der Übernahme will der LGKonzern, bekannt durch Verbraucherelektronik wie Fernseher, Handys und Smartphones, sein Geschäft mit Autokomponenten ausbauen. Der Bereich zählt mit 3,3 Mrd. US-Dollar (2,7 Mrd. Euro) Umsatz zu den Wachstumstreibern der Autosparte des Mischkonzerns.
Das 1938 von Karl Zizala in Wien – abgekürzt ZKW – gegründete Unternehmen betreibt sechs weitere Standorte in der Slowakei, Tschechien, China, den USA, Mexiko und in Indien. Mit 9000 Mitarbeitern erzielte die ZKW-Gruppe im Vorjahr 1,26 Mrd. Euro Umsatz. Produziert werden Haupt- und Nebelscheinwerfer, Blinkleuchten, Innen- und Kennzeichenleuchten sowie Elektronikmodule. Zu den Kunden zählen Audi, BMW, Daimler, MAN, Opel, Porsche, Scania, Skoda, Volvo und VW.