Schluss mit dem Scheinföderalismus
Mehr Aufgaben für die Länder bedingen Steuerhoheit, sagt der IHS-Chef.
WIEN. Der latente Konflikt zwischen den Ländern und der Bundesregierung über die jeweiligen Kompetenzen habe sich rasch aufgetan, sagt der Leiter des Instituts für Höhere Studien (IHS), Martin Kocher. Und er werde sich verstärken, „wenn wir das Thema nicht grundsätzlich angehen, was wir jetzt haben, ist ein Scheinföderalismus“. Wolle man die jetzige föderale Struktur beibehalten, dann führe an einer Einnahmenverantwortung der Länder kein Weg vorbei, sagte Kocher im Klub der Wirtschaftspublizisten, „dann brauchen die Länder Steuerhoheit“.
In einigen Bundesländern orte er Bereitschaft dafür, es liege an der Regierung, „ein klares Konzept vorzulegen, das die Länder nur schwer ablehnen können“. Die erste Steuer, die sich dafür anböte, sei die Mehrwertsteuer, sagt Kocher.
Stichwort Steuer: Bei der von der ÖVP-FPÖ-Regierung in Aussicht gestellten Reform im Jahr 2020 seien strukturelle Änderungen im System sowie eine Senkung der Steuerlast vorrangig. Das Gewicht sollte sich von der Einkommensteuer zu anderen Steuern verschieben. Für überlegenswert hält Kocher etwa eine CO2-Steuer. Es gehe dabei nicht vorrangig um das Aufkommen, sondern das Signal. Mit einem vorsichtigen Einstieg wäre auch die Gefahr gebannt, die Industrie zu stark zu treffen. Auch ein moderater Anstieg der Grundsteuer sei eine Option.
Um die Schere zwischen brutto und netto zu verringern, sollten die Lohnnebenkosten gesenkt werden. Steuerlich müsse es eine Entlastung kleinerer und mittlerer Einkommen geben. Derzeit sei der Sprung von der Steuerfreiheit auf die erste Steuerstufe (25 Prozent) zu hoch, das bremse die Bereitschaft, Arbeit anzunehmen oder von Teil- auf Vollzeit aufzustocken. Für Unternehmen sollte man den Körperschaftsteuersatz senken. Das sei als Signal für Investoren besser als ein halbierter KöSt-Satz für nicht entnommene Gewinne, denn dabei gebe es immer Abgrenzungsprobleme.
Änderungen seien auch beim Arbeitslosengeld zu überlegen. Es könnte am Beginn sogar höher sein als jetzt, sagt Kocher, sollte aber im Zeitverlauf sinken. Das könnte die Bereitschaft erhöhen, rascher einen Job zu suchen, statt lang in der Arbeitslosigkeit zu verweilen.