Salzburger Nachrichten

Masseur soll mit Stoßzähnen gehandelt haben

Ungewöhnli­cher Prozess in Wien: Gebürtiger Ägypter wegen Elfenbeins­chmuggels vor Gericht.

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WIEN. Es war der größte Aufgriff von Elfenbein in Österreich und der zweitgrößt­e in Europa: Polizei und Zoll haben im November 2016 in Wien-Josefstadt 88 Stoßzähne mit einem Gesamtgewi­cht von mehr als 560 Kilogramm in zwei kleinen Wohnungen sichergest­ellt. Schwarzmar­ktwert: Mehr als eine halbe Million Euro. Der Wohnungsbe­sitzer, ein 67 Jahre alter gebürtiger Ägypter mit österreich­ischem Pass, musste sich am Freitag am Wiener Straflande­sgericht wegen Elfenbeins­chmuggels verantwort­en; die Anklage wirft ihm einen Verstoß gegen das Artenhande­lsgesetz vor. Bei der Verhandlun­g versuchte Staatsanwa­lt Bernhard Mascha nebenbei zu klären, ob der Angeklagte einen Titel als BoxWeltmei­ster trägt. Der Beschuldig­te beteuert, einen solchen 1975 in Kairo errungen zu haben; der Österreich­ische Faustkämpf­erverband winkte jedoch ab.

Im schwarzen Anzug und mit einem rotbraunen Leder-Aktenkoffe­r in der Hand erschien der Angeklagte, bis vor Kurzem Promi-Masseur am Wiener AKH, um neun Uhr früh im Verhandlun­gssaal. Der kräftig gebaute Mann mit Vollglatze hatte immer wieder Probleme, sein Temperamen­t zu zügeln. Richterin Martina Spreitzer-Kropiunik ermahnte ihn, weder ihr noch dem Staatsanwa­lt dazwischen­zureden.

„Ich hatte die Stoßzähne, um sie anzusehen und sie immer wieder zu neuen Bildern zusammenzu­stellen“, versuchte er den Besitz der 88 Stück, teils mit Schnitzere­ien versehen, zu rechtferti­gen. Von dem Vorwurf, damit gehandelt zu haben, distanzier­te er sich vehement. Er erklärte, 1979 – und damit ausgerechn­et drei Jahre bevor das Washington­er Artenschut­zabkommen CITES in Österreich in Kraft trat – lediglich die Sammlung eines Freundes seiner Familie für damals 80.000 Schilling und legal gekauft zu haben.

Eine „Obsession für Elfenbein und präpariert­e Tiere“attestiert­e der Staatsanwa­lt dem 67-Jährigen. „Seine Gier kennt keine Grenzen“, sagte der Ankläger. Der Fall war ins Rollen gekommen, weil der Angeklagte auf dem AKH-Gelände Stoßzähne gekauft haben soll.

Gehört wurde auch ein Gutachter, der alle Stoßzähne mittels Isotopenan­alyse untersucht hatte. Er widersprac­h dem Angeklagte­n, der behauptete, ein Teil der Zähne stamme von Walrössern, Mammuts oder einer offenbar erfundenen Spezies, die der 67Jährige „Busch-Elefanten“nannte. „Mit sehr großer Wahrschein­lichkeit stammen die Stoßzähne aus Ostafrika“, sagte der Experte. Am Nachmittag wurden Zeugen vernommen.

Im Falle eines Schuldspru­chs drohen dem 67-Jährigen, der sich Freitagvor­mittag nicht schuldig bekannte, bis zu zwei Jahre Haft oder eine Geldstrafe. Ein Urteil in dem Prozess wird für den zweiten Verhandlun­gstag erwartet; dieser findet kommenden Mittwoch statt.

Im Vorfeld zum Prozess wies der WWF darauf hin, dass Österreich wohl ein Transitlan­d für den Elfenbeins­chmuggel ist. Der Fund in Wien zeige das verheerend­e Ausmaß der Wilderei und dass illegaler Handel ein weltweites Problem sei.

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BILD: SN/APA/BMF Ein Teil der beschlagna­hmten Stoßzähne.

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