Warum es Mütter in die Teilzeitfalle treibt
Frauen seien zu Jobs in Teilzeit gezwungen, sagt AK-Präsident Peter Eder. Schuld sind die Öffnungszeiten von Krabbelstuben und Kindergärten.
SALZBURG. Qualifiziertes Personal, eine wöchentliche Mindestöffnungszeit von 45 Stunden, davon an vier Tagen mindestens 9,5 Stunden, ein MittagessenAngebot und nicht mehr als fünf Wochen im Jahr geschlossen: Das sind die Kriterien für den von der AK entwickelten Vereinbarkeitsfaktor (VIF) von Familie und Beruf. Im Bundesland Salzburg erfüllt laut einer aktuellen AK-Studie nicht einmal jede dritte Kinderbetreuungseinrichtung – konkret sind es nur 29,9 Prozent – diese Anforderungen. Das bedeutet: 370 von 528 Einrichtungen behindern eine Vollzeit-Erwerbs- tätigkeit beider Elternteile. Diese benötigen zusätzliche Unterstützung, um Vollzeitjob und Familie zeitlich unter einen Hut zu bekommen. Erwartungsgemäß findet man in Salzburg ein starkes Stadt-Land-Gefälle: Während in der Stadt Salzburg immerhin noch knapp 41 Prozent der Betreuungseinrichtungen für Einbis Sechsjährige die VIF-Kriterien erfüllen, sind es im Tennengau 36 Prozent, im Lungau nur mehr 11,5 Prozent.
Diese Situation stelle insbesondere für Frauen einen Nachteil dar, kritisiert der Salzburger AK-Präsident Peter Eder, der einen massiven Ausbau fordert. Bis 2025 soll die Betreuungsquote der unter Dreijährigen von derzeit 19 auf 50 Prozent steigen. Denn: „Es gibt keine Wahlfreiheit. Frauen sind aufgrund des fehlenden Angebots gezwungen, die Arbeit zu reduzieren, zu beenden oder länger als geplant zu Hause zu bleiben“, zählt Eder auf.
Neben der Kinderbetreuung spielt die Beteiligung des Partners an der Elternkarenz eine wesentliche Rolle für den Wiedereinstieg von Müttern. Mit 14 Prozent liegt die Männerbeteiligung in Salzburg unter dem Österreich-Schnitt von 18 Prozent. Vor allem Väterkarenzen ab sechs Monaten wirken sich laut AKStudie positiv auf die Wiedereinstiegsquoten von Frauen aus. In Salzburg unterbrechen allerdings nur 7,8 Prozent der Männer ihren Job länger als sechs Monate. Die meisten (39,3 Prozent) gehen bis zu drei Monate in Karenz.
Eine spätere Rückkehr ins Berufsleben und eine hohe Zahl an Teilzeitjahren seien mit gravierenden Folgen für die betroffenen Elternteile verbunden. Frauen verdienen im Durchschnitt schon vor der Kinderpause weniger als Männer. Kommt dann ein stundenmäßig reduzierter Wiedereinstieg dazu, ver-
„Ohne Vereinbarkeit gibt es keine Wahlfreiheit.“Peter Eder, AK-Präsident
größert sich der Einkommensunterschied noch einmal. Laut einer Berechnung des AMS kann der Einkommensunterschied bei einem Vollzeit-Bruttogehalt von 1560 Euro 900.000 Euro weniger Lebenseinkommen ausmachen (siehe Interview).
Auch dass Frauen mit durchschnittlich 982 Euro (Stand Dezember 2016) eine geringere Pension erhalten als Männer (1609 Euro), ist eine Folge von Teilzeit. Knapp die Hälfte aller beschäftigten Frauen arbeitet Teilzeit, bei den Männern sind es nur neun Prozent. „Grob kann man sagen, dass ein Jahr Teilzeit (Reduktion um 50 Prozent) die Pension um etwa ein Prozent reduziert. Ein Jahr Unterbrechung der Erwerbstätigkeit verringert die Pension um rund zwei Prozent“, berichtet Gerda Klingenbrunner, die Leiterin des Referats Sozialversicherung bei der AK. Wie das auf dem Konto ausschauen kann, verdeutlicht sie mit einem Beispiel: „45 Jahre Vollzeit mit einem monatlichen Verdienst von 2000 Euro brutto ergeben – ohne Aufwertungen – eine Pension von 1600 Euro. Arbeitet dieselbe Person 45 Jahre lang nur 20 Wochenstunden, kommt sie nur auf 800 Euro Pension.“
Apropos Pension: Seit 2005 gibt es in Österreich die Möglichkeit eines freiwilligen Pensionssplittings. Dabei kann der erwerbstätige Elternteil bis zu 50 Prozent seiner Pensionsgutschriften auf den erziehenden Elternteil übertragen. Damit können Verluste, die durch Kinderpausen oder kindererziehungsbedingte Teilzeitphasen entstehen, zumindest teilweise reduziert werden. Gleichzeitig verringert sich die Pension des Vollzeit arbeitenden Elternteils. Kritiker des Pensionssplittings befürchten, dass Frauen dadurch animiert werden, länger zu Hause zu bleiben. Die Praxis zeigt: Diese Sorge ist unbegründet, das Pensionssplitting ist ein Rohrkrepierer. Die ersten zwei Anträge auf Pensionssplitting gab es in Salzburg 2012. Seither sind 53 neue Fälle dazugekommen.