Wenn die Lage besser als die Stimmung ist
Der Gipfel des Aufschwungs liegt hinter uns. Das heißt allerdings nicht, dass sich vor uns ein wirtschaftliches Jammertal auftut.
Konjunkturprognosen sind definitionsgemäß mit Unsicherheit behaftet, und das wiederum bietet breiten Spielraum für Interpretationen. Man kann das Glas also halb leer oder halb voll sehen. Neigt man zur ersten Ansicht, muss man wohl akzeptieren, dass der Höhepunkt des Wirtschaftsaufschwungs in Europa überschritten ist. Wer dagegen mit Zuversicht in die Zukunft blickt, kann darauf verweisen, dass der Abschwung sanft vonstattengehen dürfte. So oder so bietet die Prognose der EU-Kommission jedenfalls keinen Grund, um in Depression zu verfallen oder gar die Angst vor der nächsten Rezession zu schüren.
Fakt ist, 2017 war das konjunkturell beste Jahr seit Langem. Und heuer geht es nur minimal schwächer so weiter. Dass dieses Tempo nicht auf Dauer zu halten sein würde, war klar. Insofern kommt die für 2019 erwartete Abschwächung nicht überraschend.
Abgesehen davon sagen viele Ökonomen seit Langem, dass in entwickelten Industrieländern langfristig nicht mehr so hohe Wachstumsraten wie in der Vergangenheit erzielbar sein werden. Teils weil sie vor der Krise durch die boomende Finanzwirtschaft künstlich aufgebläht waren, teils weil es schwieriger wird, das Potenzial einer Volkswirtschaft durch immer höhere Produktivität voll auszuschöpfen. Die Herausforderung für die Wirtschaftspolitik wird sein, auch mit geringeren Wachstumsraten für Beschäftigung und Wohlstand zu sorgen, wobei dieser neu definiert und künftig nicht mehr allein am jährlichen Anstieg der Wirtschaftsleistung gemessen wird.
Zudem kommt es in der Wirtschaft stark auf die Stimmung an. Und die ist derzeit nicht gut. Die Unsicherheit über einen Handelskonflikt zwischen Europa und den USA ist ein Dämpfer, obwohl noch offen ist, ob der Streit eskaliert. Ähnlich verhält es sich mit dem Brexit. Nicht zufällig weist Großbritannien aktuell die schwächsten Wachstumsaussichten in der EU auf. Auch hier weiß niemand, wie die Sache ausgeht, aber man stellt sich auf das Schlimmste ein.
Politische Unsicherheit ist für Unternehmen und jede Investitionsentscheidung die größte Bremse, sie halten sich zurück, bis Klarheit herrscht. Das Gute ist, diese Bremse kann rasch gelockert werden, wenn die Politiker guten Willens und zum Handel(n) entschlossen sind. Das gilt auch für Österreich. Im Programm der Regierung finden sich einige Maßnahmen, die die Dynamik der Wirtschaft erhöhen könnten, etwa die moderate Liberalisierung des Arbeitsmarkts, und anderes mehr. Auch hier gilt es, die Unsicherheit zu beenden und einiges einfach zu tun.