Neue Gesichter machen den Grünen Hoffnung
Das „NextGenerationLab“der nächsten grünen Generation: Eine Gruppe von Abgeordneten und Aktivisten, die „alle jünger sind als die Partei“, bringt sich im grünen Überlebens- und Reformprozess in Stellung.
WIEN. Bei den Grünen geht es voran – zumindest was das Motto der Parteiveranstaltungen betrifft: Hieß der erste grüne Öffnungskongress Mitte Februar, vier Monate nach dem Wahlabsturz, „ZUkunftHÖREN“, heißt die grüne NachdenkVeranstaltung am Samstag in Linz schon wesentlich umsetzungsträchtiger „Zukunft gestalten“. Dazwischen lagen Landtagswahlen, bei denen die Grünen massive Verluste eingefahren haben. Werner Kogler kämpft sich als Parteichef ebenso unermüdlich wie unbezahlt als „Trümmerfrau“und Baumeister durch die schwierigste Phase der Parteigeschichte und versucht die angeschlagene Bundespartei nicht nur vor der Schließung zu bewahren, sondern neu zu öffnen.
Auch die Jungen in der Partei drängen auf Erneuerung und erkennen dabei die Rolle Werner Koglers als „Kapitän“an, wie David Stögmüller (31), einer von zwei verbliebenen Grün-Bundesräten, den SN sagt. Denn es brauche junge Motivierte ebenso wie Leute, die das Geschäft schon jahrelang kennen, um die Grünen bundesweit wieder auf die Beine zu stellen. Am Samstag will die nächste Generation – mehrheitlich junge grüne Abgeordnete aus den Ländern – mit dem „NextGenerationLab“Akzente setzen.
„Wir sind unabhängig, aber ein Teil der Partei“, sagt Nina Tomaselli (33), grüne Vorarlberger Landtagsabgeordnete, über die Gruppe junger Grüner, die unmittelbar nach der Wahlpleite vom Oktober zusammenfand. Tomaselli, der in Wien als Zukunftshoffnung gehandelte Gemeinderat Peter Kraus (31), Stögmüller und der oberösterreichische Landtagsabgeordnete Stefan Kaineder (33) gehören neben ei- nigen anderen dem Kern der NextGeneration-Gruppe an. „Wir haben gesagt, es nützt nichts, zu jammern. Uns war es wichtig, zu sagen, wir gehen her und wollen Verantwortung für die grüne Politik in den nächsten Jahren übernehmen“, sagt Tomaselli. Nach der Schockstarre im Oktober kam die Trauerphase, jetzt sei es Zeit, „glücklich an den Neustart“heranzugehen, sagt Tomaselli. All die Grundwerte, die grüne Vorgänger erstritten hätten – „ökologisch, solidarisch, selbstbestimmt, feministisch“–, hätten nichts an Bedeutung verloren. Man brauche aber ein Update: „Was heißt ökologisch, sozial fair 2020 oder 2025? Das wollen wir jetzt erarbeiten.“
Es gibt mehr als 100 Anmeldungen für das samstagnachmittägliche „NextGenerationLab“in Linz. Es ist der größte Workshop der Tagung. Einzige Beschränkung: „Niemand darf älter sein als die Partei – also plus minus 35 Jahre.“Es seien Funktionäre, aber auch neue Gesichter dabei, die noch nie bei den Grünen waren. „Wir wollen gleich anfangen, zu arbeiten.“Die Gruppen werden u. a. zu den Themenbereichen „Inhalt und Programmatik“, „Grüne Erzählung und Kommunikation“, „Guerilla-Marketing“und „Neue Veranstaltungskonzepte“arbeiten. „Im Herbst wollen wir schon den ersten Koffer voller Thesen vorlegen, wie neue grüne Politik im Jahr 2018 funktionieren könnte.“
Die Frage, ob der Erneuerungsprozess zu langsam gehe, stellt sich für Stefan Kaineder nicht. Es gehe vielmehr um die Frage, „ob es jetzt nicht die spezifische Perspektive derer braucht, die nicht in der Hainburger Au gesessen sind“. Die Gründungsmythen um Zwentendorf und Hainburg hätten zu einem Wertekompass geführt, der nach wie vor seine Gültigkeit habe. „Nur das Handwerkszeug muss 2018 ein anderes sein.“Junge zwischen 18 und 25 seien erleichtert, wenn man beginne, in digitalen Arbeitsgruppen zu arbeiten. Heute gebe es eben neue Handwerkszeuge, die man zur politischen Vernetzung nutzen müsse. Kaineder glaubt nicht, dass man in kleinen Arbeitsgruppen über den Sommer ein Programm neu schreiben kann. Am Ende des „NextGenerationLab“soll aber ein Input für die Programmatik stehen, „der so präzise sein soll, dass man sich daran abarbeiten kann“. Derzeit sei eine Phase, in der die Grünen „leider“– weil Bundeswahlen nicht anstünden – Zeit hätten. „Wir sollten sie nutzen.“
Es solle keine Parallelaktion zur Arbeit Werner Koglers sein, betont Stögmüller, sondern eine „gemeinsame Geschichte“. Der grüne Karren sei „noch nicht ganz“aus dem Dreck gezogen. Es gehe weiter darum, bundesweite Strukturen aufzubauen, um handlungsfähig zu sein, und eine längerfristige Finanzierung über Crowdfunding aufzustellen. Die Grünen hätten sich extrem professionalisiert gehabt, der Parlamentsklub sei das Hirn der Partei gewesen, sagt Stögmüller. Das gehöre umgedreht und die Basis wieder mehr in die politische Arbeit einbezogen. Ein Schritt dorthin soll nun am Samstag in der Linzer Tabakfabrik gesetzt werden.