Und schon wieder gelogen
US-Präsident Donald Trump gab zu, was er noch vor Kurzem abgestritten hatte: Er persönlich zahlte 130.000 Dollar, die als Schweigegeld für einen Pornostar dienten.
WASHINGTON. Gerade einen Monat ist es her, dass sich Donald Trump in der „Air Force One“kurz zu den Journalisten gesellte. „Wussten Sie von der 130.000-Dollar-Zahlung an Stormy Daniels?“, wollte ein Reporter wissen. „Nein“, antwortete der US-Präsident. Ob er wisse, weshalb und aus welcher Kasse das Geld geflossen sei, hakte ein Kollege nach. „Nein, ich weiß es nicht“, insistierte Trump. Das müsse man seinen persönlichen Anwalt Michael Cohen fragen. Der hatte zugegeben, kurz vor der Präsidentschaftswahl das Schweigegeld überwiesen zu haben – aus eigener Tasche.
Inzwischen schweigt Cohen. Nach einer Razzia des FBI bemüht Trumps einstiger Mann fürs Grobe sein Recht auf Aussageverweigerung. Dafür redet nun der frühere New Yorker Bürgermeister Rudy Giuliani, den Trump neu ins Anwaltsteam berufen hat. „Der Präsident persönlich hat das Geld zurückerstattet“, erklärte er am Mittwochabend überraschend bei Trumps Haussender Fox. Trump hat also die Pornodarstellerin indirekt doch dafür bezahlt, dass sie nicht weiter über ihre angebliche Affäre mit ihm redete? „Das war völlig legal“, versicherte Giuliani. Die Details habe der Präsident zwar nicht gekannt, „aber er wusste, dass Michael Cohen sich um die Dinge kümmern würde“.
Am Donnerstagmorgen bestätigte der Präsident in drei juristisch höchst verklausulierten Tweets, die offensichtlich nicht von ihm verfasst wurden: Ja, das Geld stamme aus einem monatlichen Vorschuss, den er Cohen zahle. Es sei für eine „private Vereinbarung“mit dem Pornostar genutzt worden, wie sie „zwischen Berühmtheiten und wohlhabenden Menschen sehr üblich ist“. Sein mehrfacher Hinweis, die Zahlung habe nichts mit seinem Wahlkampf zu tun, lässt die Motivation der Wende erahnen: Würde das Geld nämlich von Cohen stammen, könnte dieser nach US-Recht wegen einer verdeckten Parteispende verurteilt werden.
Ein atemberaubender Strategiewechsel – und nicht der einzige: Mitte März hatte sich Trump noch erregt, weil die „gescheiterte New York Times“berichtete, er wolle seine Anwälte in der Russland-Affäre austauschen: „Falsch! Ich bin sehr glücklich mit meinen Anwälten John Dowd, Ty Cobb und Jay Sekulow.“ Elf Tage später musste Dowd gehen. Am Mittwoch nahm Cobb seinen Hut. Laut Medien hatte er dem Präsidenten zur Zusammenarbeit mit Russland-Sonderermittler Robert Mueller geraten. Trump geht lieber auf Konfrontation. Es habe keine Absprachen mit Moskau im US-Wahlkampf gegeben, schreit er täglich in seinen Tweets hinaus und beschwert sich über die „Hexenjagd“. Dem Justizministerium drohte er: Irgendwann werde er persönlich das Verfahren niederschlagen. Offensichtlich bereitet sich Trump auf eine Schlacht vor. Dazu passen neben der aggressiven Rhetorik auch die wilden Pirouetten in seiner Argumentation und die hektischen Rochaden in seinem vielköpfigen Anwaltsteam.
Für die Konfrontationsthese spricht auch das aggressive Auftreten Giulianis bei Fox TV: Die ganze „vergiftete Untersuchung“von Sonderermittler Mueller beruhe auf „einem empörenden Justizirrtum“, schimpfte er.
Anfang der Woche war eine Liste mit 48 Fragen bekannt geworden, die Mueller dem Präsidenten stellen will. Es scheint, als sei der Verdacht der Justizbehinderung durch den Präsidenten ins Zentrum des Verfahrens gerückt. So fragt Mueller auch nach Gründen für die Entlassung des damaligen FBI-Chefs James Comey.
Trump hatte erklärt, er werde Mueller gern persönlich Rede und Antwort stehen. Aus seiner Umgebung dagegen kommen abwehrende Signale. Nicht nur fürchten die Juristen, dass sich der Präsident verplappern könnte. Auch laufen inzwischen mehrere Verfahren gegen seine ehemaligen Topberater, die von einer Aussage berührt sein könnten.
Trump habe Wichtigeres zu tun, als Fragen von Mueller zu beantworten, sagte Giuliani: „Die Sicherheit der Welt steht gerade auf dem Spiel. Da kann ich nicht zum Präsidenten gehen und sagen: Geben Sie mir ein oder zwei Tage, um Sie auf ein Bullshit-Interview vorzubereiten.“
„Die ganze vergiftete Untersuchung beruht auf einem Justizirrtum.“
Rudy Giuliani, Rechtsanwalt