Salzburger Nachrichten

War’s das schon mit den rosigen Aussichten?

Die Wirtschaft Europas wächst, aber langsamer. Die EU-Kommission bleibt dennoch optimistis­ch und warnt zugleich vor einer großen Gefahr.

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BRÜSSEL. Anzeichen hatte es schon gegeben, am Mittwoch kam die Bestätigun­g durch die Schnellsch­ätzung von Eurostat: Das erste Quartal war das schwächste seit 18 Monaten in der Eurozone. Die Wirtschaft wuchs nur noch um 0,4 Prozent, nachdem es in den drei Vorquartal­en noch jeweils ein Plus von 0,7 Prozent gegeben hatte. Ökonomen rätseln, ob es tatsächlic­h am extrem kalten Wetter, Streiks, der Grippewell­e oder dem hohen Eurokurs lag, oder ob der Aufschwung in Europa schon wieder zu Ende geht.

EU-Kommissar Pierre Moscovici ist nicht so leicht zu verunsiche­rn. „Die europäisch­e Wirtschaft ist in wirklich guter Verfassung und alle Indikatore­n stehen auf Grün“, sagte er am Donnerstag bei der Präsentati­on der Frühjahrsp­rognose, mit der die Zahlen von Februar bekräftigt werden. Demnach wird das Bruttoinla­ndsprodukt (BIP) 2018 in der Eurozone um 2,3 Prozent wachsen. Das ist fast so stark wie im Vorjahr, als mit 2,4 Prozent das größte Plus seit zehn Jahren erreicht wurde. 2019 wird sich das Wirtschaft­swachstum auf 2,0 Prozent verlangsam­en. Garanten für „ein solides Wachstum“seien ein steigender Konsum sowie eine starke Exportund Investitio­nstätigkei­t.

Zugleich sieht Moscovici die weitere Entwicklun­g stärker gefährdet, nicht zuletzt durch die US-Handelspol­itik. „Die größte Gefahr für diese rosigen Aussichten ist der Protektion­ismus“, sagte der Wirtschaft­skommissar. Bei einer Eskalation des US-Handelsstr­eits sei die Eurozone durch ihre wirtschaft­liche Offenheit besonders anfällig. Außerdem könnten die amerikanis­chen Konjunktur­maßnahmen zu einer „Überhitzun­g“in den USA führen. „Da müssen wir ein Auge drauf haben“, sagte Moscovici.

Österreich bescheinig­t die Kommission „eine positive Wachstumsd­ynamik“. Nach 2,9 Prozent BIPPlus 2017 – dem höchsten Wert seit sechs Jahren – wird für heuer ein Wirtschaft­swachstum von 2,8 und für 2019 von 2,2 Prozent erwartet. Die Aussichten seien robust und stabil, heißt es im Länderberi­cht. Positiv hervorgeho­ben werden der solide Arbeitsmar­kt, die kontinuier­lich sinkende Arbeitslos­igkeit und die steigende Beschäftig­ung.

Die Arbeitslos­enquote wird in den 19 Euroländer­n heuer auf 8,4 Prozent sinken, den niedrigste­n Stand seit zehn Jahren, auch wenn sie in Griechenla­nd, Spanien und Italien weiter zweistelli­g bleibt. In der EU insgesamt wird sie auf 6,7 Prozent zurückgehe­n.

Die gute Konjunktur wirkt sich auch positiv auf die Entwicklun­g der Staatsfina­nzen aus: Erstmals seit Bestehen der Wirtschaft­s- und Währungsun­ion werden alle Mitgliedsl­änder ein Defizit von weniger als den im Maastricht-Vertrag festgelegt­en drei Prozent des Bruttoinla­ndsprodukt­s aufweisen, sagte Moscovici, das sei ein historisch­er Erfolg. In der gesamten Eurozone soll die Neuverschu­ldung in diesem Jahr auf 0,7 Prozent des Bruttoinla­ndsprodukt­s fallen, 2019 dann auf 0,6 Prozent. Der Schuldenst­and soll bis dahin auf 84,1 Prozent sinken, womit er immer noch deutlich über der als Obergrenze festgelegt­en 60-Prozent-Marke läge. Der Schuldenab­bau müsse daher weitergehe­n.

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