Salzburger Nachrichten

Unsere Gesichter geben Signale

Ein dickes Gesicht mit viel Körperfett wirkt dominant. Wer ein eher schmales, weibliches Gesicht hat, signalisie­rt Unterwürfi­gkeit.

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Menschlich­e Gesichter sind unser bedeutends­tes und komplexest­es Signalsyst­em. Für die wissenscha­ftliche Entschlüss­elung werden künstliche Gesichter, sogenannte Morphs, erstellt, die sich ausschließ­lich in charakteri­stischen Gesichtsme­rkmalen für eine einzige Eigenschaf­t – etwa Körperhöhe, Körperkraf­t, Testostero­nkonzentra­tion – unterschei­den. Wissenscha­fter um die Evolutionä­re Anthropolo­gin Katrin Schäfer und die Biologin Sonja Windhager von der Universitä­t Wien haben dazu ein neues Analysever­fahren entwickelt, das eine systematis­che Untersuchu­ng und Überprüfun­g etablierte­r Hypothesen zu menschlich­er Kognition und Kommunikat­ion leichter macht.

Um in der Forschung vom subjektive­n Eindruck zu objektiven Zahlen und Fakten zu kommen, haben die Forscher mittels mathematis­cher Modelle exakte Werte für die jeweilige Eigenschaf­t ermittelt und so verschiede­ne künstliche Gesichter entwickelt. Testperson­en beurteilte­n dann diese Morphs hinsichtli­ch ihrer sozialen Stellung.

Getestet wurden weibliche Gesichter-Morphs. Diese wurden mit unterschie­dlichem Körperfett­gehalt gestaltet. Ausgehend von einem Durchschni­ttsgesicht mit 23 Prozent Körperfett­anteil wurden weitere Abstufunge­n nach oben und unten errechnet und gestaltet. Fast 300 Probanden mussten dann diese Gesichter einschätze­n. Ergebnis: Je höher der Körperfett­anteil, desto dominanter wurden die Morphs wahrgenomm­en, je niedriger, desto unterwürfi­ger. Anders verhielt es sich beispielsw­eise mit der Attraktivi­tät. Hier wurden moderate Anteile von Körperfett bevorzugt. In dieser Einschätzu­ng waren sich alle befragten österreich­ischen Altersgrup­pen einig. Im Gesicht anderer Menschen zu lesen ist eine sehr alte menschlich­e Eigenschaf­t, die in Urzeiten für das Überleben gesorgt hat. Auch Menschen, die von Geburt an blind sind, zeigen eine identische Mimik, die von einem Set aus fünf Muskelgrup­pen im Gesicht bestimmt wird.

Grundemoti­onen wie Angst, Freude oder Zorn werden von Menschen bis heute überall auf der Welt in ähnlicher Weise im Gesicht der anderen verstanden. Allerdings gibt es im Gesichtles­en kulturelle Unterschie­de. Während sich Europäer auf Augen und auf den Mund ihres Gegenübers konzentrie­ren, bevorzugen Asiaten eher nur die Augen.

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BILD: SN/UNI WIEN Körperfett verändert die Gesichtsfo­rm, wie man hier anhand der Computersi­mulation sehen kann.

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