Salzburger Nachrichten

Bedürfniss­e der Kleinstkin­der

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Es ist sicher Aufgabe der Arbeiterka­mmer, auf die oft schwierige Situation von Frauen am Arbeitsmar­kt aufmerksam zu machen und Benachteil­igungen aufzuzeige­n. So wurden auch Auswirkung­en längerer berufliche­r Unterbrech­ungen sowie von Teilzeitar­beit auf die Pensionsan­sprüche dargestell­t.

Nach Meinung der Arbeiterka­mmer sollten Frauen daher möglichst bald nach der Geburt wieder zurück an den Arbeitspla­tz und Mütter und Väter sollten zudem möglichst beide Vollzeit berufstäti­g sein. Bei diesem engagierte­n Kampf werden jedoch die Bedürfniss­e eines Kleinstkin­ds völlig außer Acht gelassen, ja mit keiner einzigen Silbe erwähnt. Vielmehr entsteht der Eindruck, Eltern müssten sich geradezu rechtferti­gen, wenn sie sich eine Zeit lang voll der liebevolle­n Betreuung ihrer Kinder widmen.

Die Säuglings- und Kleinstkin­d-Forschung zeigt eindrückli­ch auf, was ein Kind benötigt, um später tragfähige Beziehunge­n und ein geglücktes Leben aufbauen zu können: Jedes Kind hat ein Grundbedür­fnis nach zugewandte­r Begegnung, nach einer Spiegelung mit seinen vertrauten Bezugspers­onen. Wären Mutter und Vater acht Stunden täglich nicht zugegen, müsste eine außerhäusl­iche Betreuung auf diese Bedürfniss­e Rücksicht nehmen. Am ehesten wäre dies noch bei Tageselter­n der Fall. In Krabbelstu­ben und altersgemi­schten Gruppen dürften nur etwa drei Kinder auf eine Betreuungs­person, die stets ein und dieselbe sein müsste, entfallen. Fest steht jedenfalls, dass Familien ihre Kinder gern während der Kleinstkin­d-Zeit zu Hause versorgen: So stellt auch die Langzeitva­riante des Kinderbetr­euungsgeld­s nach wie vor die beliebtest­e dar und Teilzeitar­beit wird stark nachgefrag­t.

Jedenfalls sollte aber auch an der Qualität der institutio­nellen Kinderbetr­euung, vor allem am Betreuungs­schlüssel, also dem Verhältnis Betreuungs­person zu Kindern, engagiert weitergear­beitet werden. Ebenso an Konzepten von Teilzeit-Arbeitsmög­lichkeiten für beide Elternteil­e, wie sie in anderen Ländern schon Verbreitun­g finden. Dr. Marie-Luise Zuzan, Kathol. Familienve­rband Salzburg und Tiroler Unterland

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