Kritik an Köhlmeiers Schoah-Vergleich
IKG-Chef Deutsch greift bei Gedenkfeier in Mauthausen FPÖ und Burschenschaften an.
Der scheidende Wiener Bürgermeister Michael Häupl (SPÖ) sieht die am Freitag von Michael Köhlmeier beim Gedenkakt des Parlaments gehaltene Rede „zu 99 Prozent positiv“. „Die einzige Anmerkung, die ich hätte: Mit Schoah-Vergleichen soll man immer vorsichtig sein“, sagte er in der ORF-Pressestunde. Die Rede, die im Zeremoniensaal der Hofburg teilweise mit Standing Ovations aufgenommen wurde, bei FPÖ und ÖVP aber auf heftige Kritik gestoßen war, sei grundsätzlich „würdig, in Ordnung und begrüßenswert“, so Häupl. Natürlich habe der Autor das Recht, überzogen und zugespitzt zu formulieren, lediglich ein Vergleich sei „in die Hose gegangen“. Köhlmeier hatte in Anspielung auf die „Schließung der Balkan-Route“im Verlauf der Flüchtlingskrise gesagt: „Es hat auch damals (in der NS-Zeit, Anm.) schon Menschen gegeben, die sich damit brüsteten, Fluchtrouten geschlossen zu haben.“
Die ÖVP übte bereits am Samstag scharfe Kritik am Vergleich der Schließung der Balkanroute mit der Judenverfolgung. Es sei äußerst wichtig klarzustellen – „auch im Sinne eines würdevollen Gedenkens –, dass eine Gleichstellung der Politik gegen illegale Migration mit der Ermordung von sechs Millionen Juden völlig inakzeptabel ist“, sagte ÖVP-General Karl Nehammer.
Bei den Gedenkfeiern anlässlich der Befreiung des ehemaligen Konzentrationslagers vor 73 Jahren am Sonntag in Mauthausen (Oberösterreich) hat IKG-Präsident Oskar Deutsch erneut klare Worte gegenüber der FPÖ gefunden. Er bezeichnete Burschenschaften als Nachfolger der Vorgänger der Nazis und rief zum Protest auf. Strache habe sich zwar vom Antisemitismus distanziert. Doch „allein seit Regierungsbildung gab es mindestens 23 antisemitische oder neonazistische Vorfälle in den Reihen der FPÖ – meistens blieben sie ohne politische Konsequenzen“, so Deutsch.
Bundespräsident Alexander Van der Bellen, Kanzler Sebastian Kurz und Vizekanzler Heinz-Christian Strache haben Sonntag früh mit einer Kranzniederlegung am Mahnmal gegen Krieg und Faschismus in Wien der Opfer des Nationalsozialismus gedacht.