Salzburger Nachrichten

Zwei, denen die Luft nicht ausgeht

Vor 40 Jahren bewiesen Peter Habeler und Reinhold Messner, dass auf dem Mount Everest die Luft gerade noch zum Atmen reicht.

- 40 Jahre später: Reinhold Messner und Peter Habeler (r.).

Peter Habeler stellte noch einmal einen Rekord auf. Im vergangene­n Jahr durchstieg der Zillertale­r mit David Lama, einem der besten Kletterer der Gegenwart, die Eiger-Nordwand über die klassische Heckmair-Route. Habeler war schon 1974 am Eiger – mit Reinhold Messner brauchte er damals nur zehn Stunden und war damit schneller oben als alle anderen zuvor. Nun, mit 74 Jahren, war er am Eiger älter als anderen zuvor. „Mir taugt das einfach, dass ich zeigen kann, dass ältere Menschen so etwas können, dass es in diesen Alter noch lange nicht aus sein muss“, sagt Habeler im SN-Interview. Dass das „irgendein Rekord ist“, ist ihm „völlig egal“.

So – und doch ein bisschen anders – hält es der Zillertale­r auch mit jener alpinistis­chen Leistung, die ihn mehr als alle anderen an der Seite von Reinhold Messner in die Geschichts­bücher brachte.

Montag, 8. Mai 1978. Knapp nach 13 Uhr. Meereshöhe: 8848 m. „Ich bin ihm nach, hab ihn umarmt und richtig hergerisse­n und geschüttel­t und so war’ ma halt oben“, erinnert sich Habeler. Messner war kurz zuvor auf dem Gipfel des Mount Everest angelangt. Sie stiegen ohne Verwendung von künstliche­m Sauerstoff zum höchsten Punkt der Erde, wo die Luft richtig dünn ist. „Atmen tut man da oben aber nimma, man schnappt da bloß mehr nach Luft“, erinnert sich Habeler. Die beiden hatten geschafft, was die meisten Fachleute für unmöglich gehalten hatten. Allerdings hatten Habeler und Messner mit Oswald „Bulle“Oelz und Raimund Margreiter zwei Ärzte im Team, die durchaus eine Chance sahen.

Messner, der seit den 1960er-Jahren immer wieder mit Habeler auf extremen Pfaden unterwegs war, hatte den kühnen Plan. Und er kannte nur „einen einzigen Bergsteige­r weltweit“, der für diesen Plan infrage kam: „Peter Habeler und ich waren eine Zweckgemei­nschaft, die aber hundertpro­zentiges Vertrauen ineinander hatte“, sagt Messner. Instinkt, Schnelligk­eit, alpinistis­ches Extremkönn­en waren Voraussetz­ungen. „Bis ins Basislager war ich extrem angespannt, hatte auch Angst – aber am Berg dann ist die weg“, erinnert sich Habeler. Die Zweifel an dem Vorhaben bekämpfte er mit einer Gewissheit: „Ich dachte einfach an das, was ich sehr, sehr gut kann: das Bergsteige­n.“Immer noch erstaunt ist er allerdings, „wie dieser Tag nach so vielen Jahren die Menschen noch so stark interessie­rt und begeistert“.

Zahlreiche Dokumentat­ionen entstanden rund um das 40-JahrJubilä­um. Für den Sender Servus TV führte Messner bei dem Film „Der letzte Schritt“selbst Regie (zu sehen am Dienstag). Zum dritten Mal stand der 73-jährige Südtiroler hinter der Kamera. Verwendet hat er für den Film neben neuen Interviews auch Originalau­fnahmen, die 1978 der Brite Leo Dickinson am Everest gedreht hatte. Dazu kommen nachgespie­lte Szenen. Messner wird von seinem Sohn Simon gespielt und Peter Brugger mimt Peter Habeler. „Weil rauf sind wir ja nimma gekommen“, sagt Habeler lachend. Um möglichst nahe an dem zu bleiben, was Reinhold Messner „erinnerte Wirklichke­it“nennt, wurde auch das OriginalOu­tfit der Sensations­besteigung verwendet.

Messner, rational, intellektu­ell, extroverti­ert, erweiterte mit dem „Everest ohne Maske“sein ohnehin damals schon großes Berggeschi­chtenund Medienreic­h. Habeler, ruhig, bodenständ­ig und gern daheim bei der Familie im Zillertal und Leiter seiner Alpinschul­e, tut „das Gleiche, was ich immer getan hab’: Ich geh’ in die Berge, führe manchmal noch Prominente, geh’ klettern und im Winter Skitouren.“

In der Rückschau auf den Mai 1978, der ein mediales Echo wie keine andere alpinistis­che Leistung hervorrief, sei „das größte Glücksgefü­hl, dass wir noch so gut beisammen sind, dass wir gesund heimkamen“, sagt Habeler. Damals am Gipfel habe es jedenfalls „keinerlei Gefühl von Glück oder gar so etwas wie Stolz“gegeben, sagt Messner. Da ging es nur darum, „ein bisschen Luft zu bekommen“.

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BILD: SN/SERVUSTV

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