Salz kann mehr als würzen
Vor knapp einem Jahr kam es zum Totalumbau im Vorstand der Salinen Austria. Mit neuen Plänen will man nun Versäumtes aufholen.
EBENSEE. Wenn Hannes Androsch der Geduldsfaden reißt, dann endgültig. Anfang Juli des Vorjahrs leitete der Aufsichtsratsvorsitzende und Haupteigentümer der Salinen Austria AG den Totalumbau des Vorstands ein. Da half es auch nichts mehr, dass der damalige Vorstandschef der eigene Schwiegersohn war. Auf dessen Posten sitzt nun Ex-Lenzing-Chef Peter Untersperger, zum Vorstand für Produktion und Technik wurde Kurt Thomanek berufen, damals – wie derzeit weiterhin – der Geschäftsführer der Salzwelten. Als solcher schreibt Thomanek seit zehn Jahren Erfolge. Im Vorjahr knackten die Salzwelten mit den Schaubergwerken am Halleiner Dürrnberg, in Bad Ischl und Altaussee erstmals die Umsatzmarke von zehn Mill. Euro, das Ergebnis vor Steuern stieg auf vier Mill. Euro. 570.000 Besucher sorgten für dieses jüngste Rekordergebnis. In zehn Jahren will man bis auf 750.000 Eintritte pro Jahr wachsen.
Von der Erfolgswelle der touristischen Salinen-Tochter ist man im Vergleich dazu in der Salzproduktion ein ganzes Stück weit entfernt. Und noch viel weiter von jenen Zeiten, als Salz noch als Weißes Gold für Reichtum sorgte. „Heute ist Salz eigentlich fast ein Wegwerfprodukt“, sagt Thomanek. In diesem Umfeld muss bei den Salinen nun lang Versäumtes aufgeholt werden. „Ewig“, sagt der neue Technik-Vorstand, habe man in der Soleproduktion „nur gespart“. Technologisch sei man „30 bis 40 Jahre hinten“. Dieser Umstand führte zu einer Minderproduktion von 150.000 Tonnen Salz pro Jahr. Anstatt in der Saline in Ebensee die mögliche Produktionskapazität von 1,2 Millionen Tonnen Salz pro Jahr ausschöpfen zu können, hat man zuletzt nur 1,060 Millionen Tonnen erreicht. „Diese Lücke müssen wir schließen“, betont Thomanek.
In den Abbaustätten in Bad Aussee und Hallstatt (unter Tage) sowie Bad Ischl (obertägig) soll deshalb kräftig gebohrt werden, um die notwendigen vier Millionen Kubikmeter Sole erzeugen zu können. 30 neue Sonden will man erschließen. Leistungsstärkere Maschinen wie eine Teilschnittmaschine für größere Querschnitte, ein Abbruchroboter und eine Prospektionsbohrmaschine zur Erkundung der Lagerstätten sollen dabei helfen. In Summe habe man bereits rund zehn Millionen Euro in neue Technologie investiert, betont Thomanek. Allerdings brauche es ein Jahr, „bis die Löcher hergestellt sind“, und weitere eineinhalb bis zwei Jahre, bis die Laugenkammern für den Abbau groß genug seien. Unterm Strich will man bis 2023 die klaffende Solelücke geschlossen haben.
In anderen Ländern funktioniert die Rohstoffbeschaffung schneller und einfacher. In den Niederlanden oder Dänemark könnten Mitbewerber oberirdisch auf mächtige Salzlagerstätten mit nahezu 100 Prozent Reinheitsgehalt zugreifen, erklärt Thomanek. In Österreich dagegen verteile sich das Salz im Berg „wie ein Marmorgugelhupf“mit einem Reinheitsgehalt von 45 bis 65 Prozent, „das ist ein Nachteil“.
Für alle gleich dagegen ist: Die Wege des Salzes sind begrenzt. Weil vom Gewicht her schwer und deshalb teuer im Transport, beschränkt sich der Radius im Vertrieb auf 300 Kilometer, zumindest gilt das für lose Ware wie billiges Auftausalz. Höherwertige Produkte, die auf Paletten transportiert werden können, rentieren sich dagegen auch bei Lieferungen in ferne Länder. Ihren Fokus wollen die Salinen deshalb künftig auf verpackte Spezialsalze legen, und hier nicht nur auf Natursalz fürs Würzen, „da wollen wir uns nicht verzetteln,
weil mehr als Salzen kann man eh nicht“, sagt Thomanek. Und mit „Bad Ischler“führe man bereits eine starke heimische Marke. Kräftig steigern will man vor allem den Anteil an Regeneriersalz, Salztabletten für die Wasseraufbereitung und chemisch reinem Salz für die Pharmaindustrie, speziell für Asien. „Derzeit kommen wir auf 600.000 Tonnen palettierte Ware, unsere Vision sind 850.000 Tonnen bis hin zu einer Million“, betont Thomanek. Das große unternehmerische Ziel laute, der bedeutendste Salzspezialitätenerzeuger Europas zu werden.
Einen Rückzug plant man dagegen beim Auftausalz. Preisdruck und Unkalkulierbarkeit in der Menge machen dieses Geschäftsfeld immer unattraktiver. Dazu kommen oft langfristige Verträge mit den Kommunen und Pönalzahlungen bei Lieferverzögerungen. Vergangenen Winter wurden die Lager leergefegt. Statt 320.000 Tonnen, mit denen man gerechnet hatte, wurden 520.000 Tonnen Auftausalz benötigt. In Kombination mit der Solelücke werde es schwer, das Lager wieder aufzubauen, sagt Thomanek. Seine Bitte an den Wettergott: „Keinen so strengen Winter mehr.“
„Legen den Fokus auf Spezialsalze.“