Wie man ein Unternehmen digital gründet
Die Österreichische Notariatskammer hat ihr Pilotprojekt abgeschlossen. Auch die EU-Kommission ist interessiert.
Im Juni 2017 stellte die Österreichische Notariatskammer erstmals ihr Projekt Digitale GmbHGründung vor. Was damals noch theoretisch war, ist heute ein technisch ausgereiftes, marktreifes Produkt. Es fehlt nur noch die Anpassung der rechtlichen Rahmenbedingungen. In Österreich soll bereits in den nächsten Wochen der Startschuss für die digitale Gründung mit dem Notar fallen. Aber auch die EU ist am österreichischen Projekt interessiert.
Wer zum Beispiel als natürliche Person eine Ein-Personen-GmbH gründen möchte, kann dies bereits seit Jänner 2018 online abwickeln, sofern er oder sie alle Anteile der Gesellschaft hält und gleichzeitig Geschäftsführer ist. Sobald – wie meist üblich – mehrere Gesellschafter beteiligt sind, müssen diese noch den analogen Weg zum Notar beschreiten.
Mit der digitalen GmbH-Gründung beim Notar steht jedoch bereits eine Online-Lösung für alle in den Startlöchern, die rechtliche Beratung und Online-Service nützen möchten. Die Identifizierung der Gründer erfolgt hier nicht mehr durch die persönliche Identifizierung beim Notar, sondern online mit Unterstützung über das VideoIdent-Verfahren.
Dazu halten die Gründer in einer Videokonferenz ihren Pass in die Kamera, müssen Fragen beantworten und erhalten eine Handysignatur. Anschließend richtet der Notar einen sicheren Datenraum ein, der nur vom Notar und den Gründern ausschließlich nach deren Identifikation betreten werden kann. In diesem und via Videokonferenz wird dann die Gründung abgewickelt, unterzeichnet und mit den Unterlagen an das Firmenbuchgericht übermittelt. 15 Pilotkanzleien haben die digitale Gründung jetzt über ein halbes Jahr lang getestet, weiterentwickelt und potenzielle Fehler beseitigt. Das Angebot ist einsatzbereit. Bis die erste echte digitale GmbH-Gründung bei einem Notar durchgeführt werden kann, muss die Notariatsordnung entsprechend geändert werden und das Video-Ident-Verfahren zur Unterstützung des Notars bei der Personenidentifikation, bei Videokonferenzen in der Beratung und der Durchführung des Beurkundungsverfahrens zugelassen werden.
Die Österreichische Notariatskammer hat bereits beim zuständigen Justizministerium einen Gesetzesvorschlag eingebracht, der sich an den Bestimmungen des Aktiengesetzes zur Satelliten-Hauptversammlung unter Aufrechterhaltung des „unitas actus“anlehnt. Der Vorschlag wurde positiv aufgenommen. Bereits heuer im Herbst soll die erste digitale GmbH-Gründung in Österreich über die Bühne gehen können. Anfragen gibt es bereits.
Das macht das Projekt auch für die Europäische Union spannend. Die Kommission hat bereits Interesse an der österreichischen Lösung bekundet, da damit Sicherheitslücken, die derzeit im Video-IdentVerfahren bestehen, durch die Kontrolle des Notars und den sicheren Datenraum geschlossen werden könnten.