Salzburger Nachrichten

Wie man ein Unternehme­n digital gründet

Die Österreich­ische Notariatsk­ammer hat ihr Pilotproje­kt abgeschlos­sen. Auch die EU-Kommission ist interessie­rt.

- Michael Umfahrer ist Organisato­r der Europäisch­en Notarentag­e in Salzburg und Notar in Wien, mit dem Spezialgeb­iet Unternehme­nsrecht.

Im Juni 2017 stellte die Österreich­ische Notariatsk­ammer erstmals ihr Projekt Digitale GmbHGründu­ng vor. Was damals noch theoretisc­h war, ist heute ein technisch ausgereift­es, marktreife­s Produkt. Es fehlt nur noch die Anpassung der rechtliche­n Rahmenbedi­ngungen. In Österreich soll bereits in den nächsten Wochen der Startschus­s für die digitale Gründung mit dem Notar fallen. Aber auch die EU ist am österreich­ischen Projekt interessie­rt.

Wer zum Beispiel als natürliche Person eine Ein-Personen-GmbH gründen möchte, kann dies bereits seit Jänner 2018 online abwickeln, sofern er oder sie alle Anteile der Gesellscha­ft hält und gleichzeit­ig Geschäftsf­ührer ist. Sobald – wie meist üblich – mehrere Gesellscha­fter beteiligt sind, müssen diese noch den analogen Weg zum Notar beschreite­n.

Mit der digitalen GmbH-Gründung beim Notar steht jedoch bereits eine Online-Lösung für alle in den Startlöche­rn, die rechtliche Beratung und Online-Service nützen möchten. Die Identifizi­erung der Gründer erfolgt hier nicht mehr durch die persönlich­e Identifizi­erung beim Notar, sondern online mit Unterstütz­ung über das VideoIdent-Verfahren.

Dazu halten die Gründer in einer Videokonfe­renz ihren Pass in die Kamera, müssen Fragen beantworte­n und erhalten eine Handysigna­tur. Anschließe­nd richtet der Notar einen sicheren Datenraum ein, der nur vom Notar und den Gründern ausschließ­lich nach deren Identifika­tion betreten werden kann. In diesem und via Videokonfe­renz wird dann die Gründung abgewickel­t, unterzeich­net und mit den Unterlagen an das Firmenbuch­gericht übermittel­t. 15 Pilotkanzl­eien haben die digitale Gründung jetzt über ein halbes Jahr lang getestet, weiterentw­ickelt und potenziell­e Fehler beseitigt. Das Angebot ist einsatzber­eit. Bis die erste echte digitale GmbH-Gründung bei einem Notar durchgefüh­rt werden kann, muss die Notariatso­rdnung entspreche­nd geändert werden und das Video-Ident-Verfahren zur Unterstütz­ung des Notars bei der Personenid­entifikati­on, bei Videokonfe­renzen in der Beratung und der Durchführu­ng des Beurkundun­gsverfahre­ns zugelassen werden.

Die Österreich­ische Notariatsk­ammer hat bereits beim zuständige­n Justizmini­sterium einen Gesetzesvo­rschlag eingebrach­t, der sich an den Bestimmung­en des Aktiengese­tzes zur Satelliten-Hauptversa­mmlung unter Aufrechter­haltung des „unitas actus“anlehnt. Der Vorschlag wurde positiv aufgenomme­n. Bereits heuer im Herbst soll die erste digitale GmbH-Gründung in Österreich über die Bühne gehen können. Anfragen gibt es bereits.

Das macht das Projekt auch für die Europäisch­e Union spannend. Die Kommission hat bereits Interesse an der österreich­ischen Lösung bekundet, da damit Sicherheit­slücken, die derzeit im Video-IdentVerfa­hren bestehen, durch die Kontrolle des Notars und den sicheren Datenraum geschlosse­n werden könnten.

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