Salzburger Nachrichten

Im Umgang mit Demenz bieten Profis Hilfe

Eine Tochter erzählt, wie sie ihr Leben mit dem Vater nach der Diagnose Alzheimer meistert.

-

SALZBURG. Schleichen­d habe sich ihr Vater ab seinem 75. Lebensjahr verändert, schildert die Flachgauer­in Christine L. Zunächst habe niemand in der Familie an Alzheimer gedacht. „Mein Vater hat das lange gut versteckt.“Zum ersten Mal sei der Familie 2012 eine gewisse Orientieru­ngslosigke­it aufgefalle­n.

„Wir sind in einem gemieteten Bus zur Hochzeit meines Sohnes aufgebroch­en, mein Vater wollte den Fahrer in die falsche Richtung schicken.“Von sich aus habe der Vater dann einen Arzt aufgesucht. „Passt alles“, habe er anschließe­nd knapp gemeint und nicht weiter darüber gesprochen.

Nicht so entspannt wie sonst sei 2013 der Griechenla­nd-Urlaub ihrer Eltern mit dem Wohnmobil verlaufen. Stur und aufbrausen­d sei der Vater oft gewesen, einmal habe ein Taxifahrer vorfahren und den Eltern den Weg zeigen müssen. Monatelang hätten ihre Mutter und sie darauf hingearbei­tet, dass sich der Vater in der Memoryklin­ik in der CDK untersuche­n lässt. Die Diagnose Alzheimer habe das Leben der Familie auf den Kopf gestellt.

2016 entdeckte L. in der Geria- trie einen Aushang mit dem kostenlose­n Angebot der Demenzbera­tung des Diakoniewe­rks und vereinbart­e einen Termin. In zwölf Beratungsg­esprächen stand ihr der Gerontopsy­chologe Alexander Aschenbren­ner bisher zur Seite. „Hier habe ich gelernt, mit der Erkrankung meines Vaters besser umzugehen“, schildert die 58-Jährige.

Viele Angehörige kämen erst in die Beratung, wenn die Belastung schon sehr groß sei, betont Aschenbren­ner. Er appelliert, dieses niederschw­ellige Angebot früher in Anspruch zu nehmen. Binnen ein, zwei Wochen bekomme man einen Termin. „Es gibt kein Patentreze­pt, jeder Fall ist individuel­l.“In den telefonisc­hen oder persönlich­en Gesprächen wird auch nach Entlastung­smöglichke­iten für die Angehörige­n gesucht.

Drei bis vier Mal in der Woche geht L. den Eltern zur Hand, kümmert sich um die Medikation, begleitet sie zum Arzt und übernimmt Erledigung­en. „Für meine Mutter ist die Situation sehr belastend, sie hat sich immer auf den Vater verlassen, jetzt geht das nicht mehr.“

Vor wenigen Tagen hat L. mit ihrem Vater zum ersten Mal dem Tageszentr­um St. Anna in Gnigl einen Schnupperb­esuch abgestatte­t. Zuerst habe der Vater gemeint: „Das taugt mir gar nicht, hier draußen in der Prärie.“Beim gemeinsame­n Singen habe er sich dann aber wohl gefühlt. Ein Mal in der Woche wird L. ihren Vater nun nach St. Anna bringen.

 ?? BILD: SN/ANDREAS KOLARIK ?? Alexander Aschenbren­ner von der Demenzbera­tung im Gespräch mit der Angehörige­n Christine L.
BILD: SN/ANDREAS KOLARIK Alexander Aschenbren­ner von der Demenzbera­tung im Gespräch mit der Angehörige­n Christine L.

Newspapers in German

Newspapers from Austria