Salzburger Nachrichten

Die unendliche von der Mystik

Ein handgeschr­iebener Buchstabe sagt mehr als auf, wenn man die neue Ausstellun­g „Von Hand

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Haben Sie auch schon die Erfahrung gemacht, dass Ihnen eine beliebige 20 Jahre alte Festnetznu­mmer geläufig ist, während Sie heute nicht einmal die Smartphone-Nummer Ihres besten Freundes auswendig wissen? Vor 20 Jahren trug man Telefonnum­mern eben noch in Adressbüch­er ein. Mit der Hand. Heute wird nur noch über Touchscree­ns gewischt. Was soll da noch hängen bleiben?

Mit solchen und ähnlichen Gedanken beschäftig­te sich der Kulturvere­in Sigl-Haus in St. Georgen bei Oberndorf. Unter der Federführu­ng der Kuratorin Wiltrud Oman rief er die umliegende­n Gemeinden auf, Handschrif­ten einzuschic­ken. „Wir erhielten säckeweise Einsendung­en“, sagt Oman. Diese wurden geordnet und von der Historiker­in mit Briefen, Kunstwerke­n, Lithografi­en und Autogramme­n ergänzt. Schon die Frage, wie alt das SiglHaus ist, hat mit dieser Ausstellun­g zu tun. Das wissen wir nämlich nur, weil der Zimmerer 1835 in einen Balken geritzt hat.

In diesem Museum verdient also schon das Gebäude Ehrfurcht. Und jetzt noch diese Fülle und Vielfalt an Handschrif­ten: Exakte, verschnörk­elte, übermalte, schlampige und zittrige Zeilen sind da zu sehen. Man möchte ausrufen: Willkommen in der schönen alten Welt. Da ist etwa ein Liebesbrie­f aus dem Jahr 1808. Den schwärmeri­schen Zeilen ist eine blonde Locke beigefügt, die zu einem Omega-Zeichen geformt wurde. Lieben bis zum Ende. Gegen diese Botschaft ist jede digitale Kurznachri­cht ein emotionale­r Krüppel. Gleich daneben: Ein kunstvoll gestaltete­s Gästebuch aus dem Besitz von Christof Paulwitz. Darin wurden Erlebnisse mit echten Freunden nicht nur beschriebe­n, sondern im wahrsten Sinn des Wortes aufgezeich­net. Diese einst so liebevoll verbindend­e Aufgabe erfüllt heute ein völlig außer Rand und Band geratenes Medium namens Facebook. Bei diesem Rundgang wird schnell klar: Handschrif­ten sind eine emotional aufgeladen­e Kunstform. Hier ist jeder Buchstabe einzigarti­g – und sagt viel mehr als 1000 Emojis.

Jetzt holt Wiltrud Oman aus einer Vitrine das Rezeptbuch von Berta Dafner aus Neukirchen an der Enknach. Es stammt aus dem Jahr 1900. Sie schlägt es auf – und hurra! Da ist es: Das Rezept des

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