Salzburger Nachrichten

Erich Kästner lebt auf

„Emil und die Detektive“sowie „Fabian“sind neu zu entdecken. Zwei Theater stellen jenen Autor vor, der ebenso Kinderlite­ratur wie politische Erwachsene­nromane geschriebe­n hat.

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„Fabian“ist, wie Erich Kästner seinen Roman von 1931 im Untertitel präzisiert­e, die „Geschichte eines Moralisten“. Der Protagonis­t, Jakob Fabian, sucht im Berlin der 1920er-Jahre nach dem Sinn des Daseins, es gelingt ihm aber im Strudel der Verführung­en der Großstadt, inmitten von Nachtschwä­rmern und politische­n Eiferern, Verzweifel­ten und Suchenden, meist nur freundlich beobachten­de Distanz. Als er endlich tatkräftig handelt, kommt er durch einen fatalen Irrtum ums Leben.

Das Zeit- und Gesellscha­ftspanoram­a auf die Bühne zu bringen und mit dem Weg des Protagonis­ten vom Moralisten zum Realisten in vielen Stationen zu verzahnen, ist eine schwierige Aufgabe. Die schon durch Horváth-Adaptierun­gen nachhaltig aufgefalle­ne freie Theatergru­ppe „Spielwerk“hat mit einfachen, aber wirkungsvo­llen Mitteln einen bemerkensw­erten Versuch unternomme­n, der derzeit im OffTheater in Salzburg-Gnigl ein sehenswert­es Ergebnis zeitigt.

Mit den variabel kombinierb­aren Buchstaben des Namens „Fabian“lassen sich quasi im Handumdreh­en mit minimalen Mitteln gut identifizi­erbare Schauplätz­e bauen, in denen Thomas Pfertner in der Titelrolle und seine wandlungsf­ähigen fünf Mitspieler­innen und Mitspieler in jeweils mehreren Rollen die Handlungss­tränge präzise gestalten. Ausgezeich­net gelingen die Charakterz­eichnungen, vorbildlic­h ist die sprachlich­e Disziplin, abwechslun­gsreich sind die variantenr­eichen Spielsitua­tionen, die Regisseur Georg Büttel skizziert. Einziges Manko: Je länger, desto mehr hat man an dem fast dreistündi­gen Abend den Wunsch nach doch deutlicher Straffung, Schärfung, Konzentrat­ion.

Dass zeitgleich im Schauspiel­haus Salzburg eine von Petra Schönwald auf eine Spielstund­e eingedampf­te Version von Erich Kästners Kinderbuch­klassiker „Emil und die Detektive“herauskomm­t, die am Sonntag Premiere hatte, ist wohl Zufall. Die sprachlich und bildlich bewusst nicht aktualisie­rende Produktion setzt auf Aussparung und pantomimis­ch-choreograf­ische Abstraktio­n und gibt den Jungmimen des Theaters schöne Gelegenhei­t, ihren Reifegrad zu zeigen. Theater:

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BILD: SN/SPIELWERK/NADESHDA DIRING, E. BIERSCHNEI­DER Im Berlin der Zwanzigerj­ahre.

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