Salzburger Nachrichten

Matthias Strolz wird fehlen. Nicht nur seiner Partei.

Werden die Neos ohne ihren Gründer und Motor überleben? Einiges spricht dafür.

- Andreas Koller ANDREAS.KOLLER@SN.AT

War’s das jetzt mit den Neos? Es wäre nicht das erste Mal, dass eine junge Partei, die hauptsächl­ich vom Charisma und Sendungsbe­wusstsein ihres Gründers lebt, mit dem Ausscheide­n ihres Gründervat­ers ihre Existenz verliert. Man denke an das Team Stronach, das den Liebesentz­ug des austrokana­dischen Milliardär­s nicht lange überlebte. Oder an das Liberale Forum, das ohne seine Gründermut­ter Heide Schmidt nie wieder aus dem Trockendoc­k kam. Oder an das BZÖ, das nichts war ohne Jörg Haider. Oder an die Liste Pilz, die ohne Peter Pilz nur ein Torso ist. Und jetzt also die Neos, die ohne den umtriebige­n Visionär Matthias Strolz nie das Licht des Nationalra­ts, etlicher Landtage und Gemeindest­uben erblickt hätten. War’s das jetzt mit dieser kleinen, feinen Partei?

Nicht zwangsläuf­ig, und zwar aus mehreren Gründen. Zum einen hat es Strolz trotz seines reichlich vorhandene­n Egos verstanden, auch andere AlphaPersö­nlichkeite­n an seine Partei zu binden, vom Salzburger Hotelier Sepp Schellhorn bis zur ehemaligen OGH-Präsidenti­n Irmgard Griss. In krassem Unterschie­d zum Team Stronach, das hauptsächl­ich Glücksritt­er anzog, aber niemanden, der auch nur annähernd auf Augenhöhe mit dem Parteigrün­der agieren konnte. Man kann den Neos also zutrauen, auch ohne ihren Motor Matthias Strolz auf Kurs zu bleiben. Ein zweiter Grund, der für den Weiterbest­and der Neos spricht, ist in deren Programmat­ik zu finden. Die junge Partei hat sich geschickt in eine Nische gesetzt, die von den übrigen Parteien nicht abgedeckt wurde. Es ist die Nische der Besserverd­ienenden und der Nettozahle­r. Jener, die wirtschaft­spolitisch eher rechts und gesellscha­ftspolitis­ch eher links ticken. Jener, die am Sonntag gern im Supermarkt einkaufen würden und die auch ohne sozialstaa­tliche Rundumbetr­euung ihr Leben meistern können. Jener, die beim Wettlauf der Parteien nach der Gunst des sogenannte­n kleinen Mannes regelmäßig übersehen werden. Nur die ÖVP blinkt ein wenig in die Richtung dieser Menschen, seit Sebastian Kurz die Obmannscha­ft übernommen hat. Dass die Neos es trotz dieser Kurz-Blinksigna­le bei der jüngsten Nationalra­tswahl geschafft haben, ihren Stimmenant­eil auszubauen, war im Grunde der größte Erfolg, den Matthias Strolz für seine Neos einfuhr.

Man hatte damals den Eindruck, dass der Parteigrün­der trotz dieses Erfolgs enttäuscht war. Offenbar hatte er mehr erwartet. Möglicherw­eise reifte damals der Entschluss zum Rückzug. Matthias Strolz wird fehlen – nicht nur den Neos.

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