Milliardenrätsel EU-Budget
Bundeskanzler Sebastian Kurz hat gesagt, Österreich werde nicht mehr ins EU-Budget einzahlen, aber keine Summen genannt. Das holt sein Finanzminister nach. Das Ergebnis ist erstaunlich.
BRÜSSEL. Wird Österreich künftig mehr ins EU-Budget einzahlen oder nicht? Spätestens alle sieben Jahre, wenn in der EU der nächste langfristige Finanzrahmen verhandelt wird, beschäftigt diese Frage die heimische Politik. Laut Finanzminister Hartwig Löger ist die Antwort Ja. Laut Bundeskanzler Sebastian Kurz und seinem Europaminister Gernot Blümel Nein. Doch was stimmt?
Wie so oft beim EU-Haushalt reden die Akteure von verschiedenen Dingen. Kurz hat wiederholt betont, es gehe darum, „nicht mehr einzuzahlen“, und es dürfe keine „Mehrbelastung der Nettozahler geben“. Der Finanzminister sagte am Montag in einem Interview, dass Österreich infolge des Austritts Großbritanniens künftig deutlich höhere EU-Beiträge zahlen müsse. Das habe mit Preissteigerungen und dem Wirtschaftswachstum in den nächsten zehn Jahren zu tun. Der Nettobeitrag könnte um nicht sehr viel weniger als eine Milliarde im Jahr steigen.
Damit widerspricht der Finanzminister dem Kanzler, der allerdings, anders als Löger, nie konkrete Summen genannt hat. Kurz-Vertrauter Blümel betonte am Montag auch umgehend, es gebe da keinen Widerspruch. Denn auch Löger habe betont, dass der EU-Budgetrahmen nicht mehr als ein Prozent der gesamten Wirtschaftsleistung aller EU-Staaten ausmachen dürfe.
Das Langfrist-EU-Budget ist kein Fixbetrag, sondern eine Ausgabenobergrenze, die sich am Bruttonationaleinkommen (BNE), also an der Wirtschaftsleistung der Mitgliedsstaaten, bemisst.
Der aktuelle EU-Finanzrahmen für 2014 bis 2020 darf im Durchschnitt der sieben Jahre 1,03 Prozent des BNE oder 1087 Mrd. Euro nicht übersteigen. Das Geld kommt zu 80 Prozent direkt von den Mitgliedsstaaten. Für die nächste Finanzperiode hat die EU-Kommission nun eine Obergrenze von 1,11 Prozent vorgeschlagen und genau daran spießt es sich.
Ein großer Teil des Haushalts kommt wieder zurück – in erster Linie in Form von Agrarsubventionen bzw. Regionalförderungen. Was unter dem Strich steht, ist der sogenannte Nettobeitrag. Er ist starken Schwankungen ausgesetzt und ist in den weniger entwickelten Ländern negativ. Sie bekommen also mehr heraus, als sie einzahlen. Wie die Nettobeiträge künftig aussehen werden, ist schwer vorherzusagen, weil die Agrar- und Strukturfonds, die zurzeit noch drei Viertel des EU-Finanzrahmens ausmachen, weiter schrumpfen sollen.
Österreich zahlte grob gerechnet zwischen 2014 und 2017 zwischen 2,5 und drei Milliarden Euro im Jahr in den gemeinsamen EU-Geldtopf ein. Zum Vergleich: Deutschland, das größte EULand, überweist rund 23 Mrd. Euro jährlich, Großbritannien rund zwölf Milliarden Euro.
2016 flossen rund 1,363 Mrd. Euro aus Brüssel nach Österreich zurück, 1,31 Milliarden Euro davon nur an die Landwirtschaft. Der Nettobeitrag betrug rund 800 Millionen Euro, nach 1,3 Milliarden Euro 2014 und 960 Millionen Euro 2015.