Salzburger Nachrichten

„Ich löse mein Verspreche­n ein“

Mit dem politisch hochbrisan­ten, tatsächlic­h aber eher symbolisch­en Botschafts­umzug begeistert Trump seine Basis.

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Noch bevor er in offizielle­r Mission die neue Botschaft in Jerusalem einsegnete, beweihräuc­herte Pastor John Hagee schon einmal Donald Trump. „Sie haben die politische Unsterblic­hkeit erreicht“, pries der texanische TVPrediger in einem Interview den US-Präsidente­n. „Denn Sie hatten den Mut, das zu tun, was sich andere Präsidente­n nicht getraut haben.“Der Gründer der Organisati­on „Vereinigte Christen für Israel“hatte mächtig Druck für den Botschafts­umzug gemacht und das Weiße Haus mit einer massenhaft­en E-Mail-Kampagne überzogen. Insofern feierte er am Montag auch seinen eigenen Erfolg.

Hagee ist einer der wildesten religiösen Fanatiker in den USA. Der evangelika­le Pfarrer und Verschwöru­ngstheoret­iker interpreti­ert Bibelzitat­e über Jerusalem als Hauptstadt des Gelobten Landes so bizarr, dass er sich 1990 in einer Predigt zu der Behauptung verstieg, Hitler habe die Juden im göttlichen Auftrag nach Palästina getrieben. Trotzdem gilt der 78-Jährige als einer der erfolgreic­hsten protestant­ischen Prediger, und mit seinem Lob für Trump steht er keineswegs allein.

Es sind vor allem weiße, evangelika­le Christen, die dem Präsidente­n zujubeln, wenn er sich damit brüstet, die Botschaft in Israel verlegt zu haben. Die Anerkennun­g Jerusalems als Hauptstadt war ein Wahlverspr­echen Trumps gewesen, das sich an diese konservati­ve Gruppe richtete. Rund 80 Prozent der weißen Evangelika­len gaben laut Umfragen dem republikan­ischen Kandidaten bei der Präsidents­chaftswahl ihre Stimme. „Ich löse mein Verspreche­n ein“, brüstete sich Trump denn auch, als er im vergangene­n Dezember eine Anweisung für den Botschafts­umzug unterzeich­nete.

Mit Blick auf seine heimische Wählerbasi­s störte sich Trump nicht an der schweren diplomatis­chen Niederlage, die ihm kurz vor Weihnachte­n die Vereinten Nationen bereiteten. Trotz massiver Drohungen der amerikanis­chen Botschafte­rin Nikki Haley verurteilt­en 128 der 193 Länder die Anerkennun­g Jerusalems als israelisch­e Hauptstadt.

Wochenlang hatte Trump sogar öffentlich mit dem Gedanken gespielt, persönlich nach Jerusalem zu fahren. Dann entschied er sich doch dagegen und sandte stattdesse­n eine Videobotsc­haft. Den Montagmorg­en begann er mit einem Werbe-Tweet für seinen Lieblingss­ender: „Die Eröffnung der US-Botschaft in Jerusalem wird von Fox übertragen“, war die wichtigste Botschaft. Dann folgte: „Ein großer Tag für Israel.“Vor Ort waren die USA mit einer großen Delegation präsent, der unter anderem Trumps Tochter Ivanka und ihr Ehemann Jared Kushner sowie Finanzmini­ster Steven Mnuchin angehörten. Trotz der immensen politische­n Wirkung ist der Botschafts­umzug nach Trumps eigenen Standards eigentlich Fake News – eine Falschmeld­ung. Tatsächlic­h bleibt nämlich der Großteil der US-Mitarbeite­r am angestammt­en Standort Tel Aviv zurück. In Jerusalem wird nur ein kleiner Stab arbeiten, der Botschafte­r selbst soll pendeln.

Zu den zahlreiche­n Todesopfer­n, die die Proteste gegen die Botschafts­eröffnung auf palästinen­sischer Seite forderten, äußerte sich Trump zunächst nicht. Sein Außenminis­ter Mike Pompeo hatte schon vorher verkündet: „Der Friedenspr­ozess ist sicherlich nicht tot.“Und Sicherheit­sberater John Bolton behauptete in einem Fernsehint­erview gar, der Umzug befördere den Friedenspr­ozess: „Die Anerkennun­g der Realität macht Dinge immer leichter.“

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Karl Doemens berichtet für die SN aus den USA

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