Puigdemonts Vertrauter übernimmt die Führung
Das katalanische Parlament hat Quim Torra zum Ministerpräsidenten gewählt. In seiner ersten Rede ging er auf Konfrontation mit Madrid.
Bei seiner Rede im Regionalparlament in Barcelona trug Quim Torra am Montag eine gelbe Schleife am Jackett. Es ist das Symbol, mit dem das Unabhängigkeitslager an jene separatistischen Politiker erinnert, die derzeit in Untersuchungshaft sitzen. Torra stellte gleich in seinen ersten Äußerungen klar: Er kämpfe für eine eigenständige „Republik Katalonien“und halte an der bisherigen Unabhängigkeitspolitik fest.
Der 55-jährige Anwalt, Verleger und Schriftsteller stand bisher zwar nicht in der ersten Reihe. Er gilt aber als separatistischer Hardliner – und als verlängerter Arm von ExRegionalpräsident Carles Puigdemont. Dieser sitzt in Berlin fest, wo er auf die Entscheidung des Oberlandesgerichts zum spanischen Auslieferungsantrag wartet.
Torra wurde am Montag mit einfacher Mehrheit zum neuen Ministerpräsidenten der spanischen Region Katalonien gewählt. Damit bekommt Katalonien nach 200 Tagen politischen Stillstands wieder eine handlungsfähige Führung. Ende Oktober hatte Spaniens Staatsregierung in Madrid Puigdemont wegen der verfassungswidrigen Unabhängigkeitsbeschlüsse entmachtet und das Regionalparlament aufgelöst. Seitdem wurde Katalonien provisorisch von Madrid aus regiert. Diese Zwangsverwaltung dürfte nun demnächst auslaufen.
Torra, der erst mit der katalanischen Neuwahl im Dezember ins Regionalparlament rückte, scheut die Konfrontation mit Madrid offenbar nicht. „Wir werden erneut alle Gesetze auf den Tisch bringen, die vom spanischen Verfassungsgericht suspendiert wurden“, kündigte an. Es war eine Kampfansage.
Die Spannungen zwischen Barcelona und Madrid dürften demnach noch lange nicht beendet sein. Auch deshalb, weil Spaniens konservativer Regierungschef Mariano Rajoy wenig Zweifel daran lässt, dass er neuen mutmaßlichen Rechtsbrüchen der katalanischen Separatisten nicht tatenlos zuschauen wird. „Katalonien braucht eine Regierung, die das Gesetz achtet“, betonte Rajoy. Sollte sie das nicht tun, könnte Spaniens Premierminister im Ernstfall erneut das Verfassungsgericht mobilisieren oder – im Fall von erneuten Gesetzesbrüchen – sogar wieder eine Zwangsverwaltung einsetzen und damit Torra absetzen.
Torra glaubt jedenfalls nicht so richtig daran, dass seine Amtszeit von längerer Dauer sein wird. Allerdings aus anderen Gründen. Er sieht sich selbst als „provisorischen“Amtsinhaber, der nur so lange bleibt, bis Puigdemont wieder an die Macht zurückkehren kann. „Unser Ministerpräsident“, bekräftigte Torra am Montag im Regionalparlament, „heißt Carles Puigdemont.“