Freies Theater setzt Kräfte frei
Eine rege Szene außerhalb der Institutionen bietet aktuelle Stücke.
Salzburgs Theaterfreunde werden auch außerhalb der angestammten Institutionen wie Landestheater oder Schauspielhaus mit einer (Über-)Fülle oft beachtlicher Produktionen versorgt. Sogenannte „freie Gruppen“, deren Mitglieder lose einmal hier, einmal da spielen, nehmen das Gesetz des Handelns in die eigenen Hände, ungeachtet wohl prekärer Arbeitsverhältnisse. Aber der „Spieltrieb“beschert dem heimischen Theaterrepertoire dadurch kräftigen Zuwachs – und in der Regel auch hochprofessionelle Ergebnisse. Dass sich die freien Gruppen auch couragiert aktueller zeitgenössischer Dramatik annehmen oder sogar große Romanstoffe auf die Bühne bringen, wie kürzlich im „Off-Theater“Kafkas „Amerika“oder Erich Kästners „Fabian“, ist ein nicht gering zu schätzender Nebeneffekt für literarisch interessierte Theatergänger.
Dass sich durch das erwähnte „Off“in Salzburg-Gnigl, vor allem aber die ARGEkultur verlässliche (Ko-)Produktionspartner für freischaffende Theaterkräfte anbieten, ist vor allem strukturell eine Erleichterung bei der schwierigen Frage nach geeigneten Spielräumen.
Das Manko, etwa auch der jüngsten freien Produktion, Dea Lohers „Gaunerstück“im Studio der ARGEkultur: Die knappen Laufzeiten machen eine längerfristige „Erreichbarkeit“der Produktionen schwer. Könnte da eine gemeinsame Plattform des „freien Theaters“womöglich Abhilfe schaffen? Eine Überlegung wär’s vielleicht wert.
Die Traunsteiner Försterstochter hat ihren (Bühnen-)Meister vor allem in dem Regisseur Andreas Kriegenburg gefunden. Er fand für ihre komplex und wuchtig verschachtelten Dramenwelten, in denen Fragen nach Schuld und Gott, Unglück und Gewalt, Ausweglosigkeit und zerstörerischen Kräften entscheidende Rollen spielen, die adäquaten, auch spektakulären Darstellungsmittel. Auch in Salzburg gespielt wurde Dea Lohers erfolgreichstes Stück, das Gesellschaftspanorama „Unschuld“.
Zuletzt ist es um die Dramatikerin etwas ruhig geworden, das „Gaunerstück“, das jetzt seine österreichische Erstaufführung hatte, stammt aus 2015. Es geht um ein Zwillingspaar mit den auffälligen Namen Jesus Maria und Maria, das sich aus seinem Unterschichtsleben selbst befreien will und mit Hilfe eines Juweliers, der selbst einen Versicherungsbetrug begehen möchte, zu unverhofftem Reichtum kommt. Denn ihr Opfer findet unverhofft den Tod. Aber was macht man mit dem unverhofften Glück?
Das „Gaunerstück“dreht in eine erstaunlich leichte Burleske, die in der Regie von Bernadette Heidegger unangestrengt entfaltet wird vor allem durch die lockere Wandlungsfähigkeit von Volker Wahl in einer Dreifachbesetzung als TurmfrisurTranse, altem Pornofilmer und elegantem Juwelier.
Katharina Pizzera und Daniel Jeroma harmonieren als Zwillingspärchen mit locker sympathischem, aber auch etwas undurchsichtigem Charme. Das Spielerische wird auch sprachlich treffsicher gefasst.
Und die Reise geht weiter: Als nächstes freies Projekt in der ARGEkultur steht „Der thermale Widerstand“von dem gefeierten österreichischen Jungdramatiker Ferdinand Schmalz auf dem Programm.