„Wir wollen aus unserer Schule keine Festung machen“
Nach dem geplanten, jedoch verhinderten Amoklauf im Bundesschulzentrum in Mistelbach ist man um Normalität bemüht. Strengere Sicherheitsvorkehrungen sind kein Thema.
MISTELBACH. Der Schock saß bei vielen Schülerinnen und Schülern Montag früh noch tief: Nur eine Ladehemmung war offenbar der Grund dafür, dass ein Amoklauf am vergangenen Mittwoch am Bundesschulzentrum in Mistelbach gerade noch scheiterte, Schlimmeres verhindert werden konnte und „lediglich“ein Schüler verletzt wurde. Der mutmaßliche Schütze, ein 18Jähriger aus dem Weinviertel, steht im Verdacht, einen ein Jahr älteren Schüler mit einer Schrotflinte angeschossen zu haben. Der Beschuldigte habe „möglichst viele Menschen“töten wollen, so die Polizei. Über ein mögliches Motiv gibt es in der Stadt mit rund 13.500 Einwohnern viele Spekulationen. „Noch sind Gerüchte im Umlauf. Deshalb transportieren wir alle Informationen, die wir selbst bekommen, umgehend zu Schülern und Eltern. Wir wollen zwischen Fakten und Fake News unterscheiden“, sagt Isabella Zins, eine von drei Direktoren des Schulzentrums. Man wolle die Betroffenen nicht mit dem alleinlassen, was in Boulevardblättern geschrieben werde.
Alle Pädagogen wurden am Wochenende per E-Mail sowie in einer Konferenz am Montagmorgen informiert, wie sie am besten in die erste Schulstunde starten sollten. Jene Lehrerinnen und Lehrer, welche diese Unterrichtseinheit abhielten, widmeten sich intensiv den Fragen ihrer Schüler, die nach dem blutigen Angriff im Raum standen.
„Wir stecken in der Matura. Die Polizei hat uns geraten, uns an den gewohnten Tagesablauf zu halten“, erzählte Zins. Um Normalität sei man auch bemüht, wenn es um die Sicherheit gehe. „Wir wollen aus unserer Schule keine Festung machen“, erklärte Zins, die derzeit Österreich-Sprecherin der AHS-Direktoren ist. Bundesweit müsse überlegt werden, wie man mit der Bluttat auf dem Schulgelände umgehe.
Von regelmäßigen Übungen zu Krisenszenarien berichtet Fritz Lengauer, Sprecher des Landesschulrats in Niederösterreich. „Nach dem Vorfall in Mistelbach werden wir alle Schritte mit dem Landeskriminalamt analysieren“, sagt er. Mit unmittelbaren Änderungen sei vorerst nicht zu rechnen. Vieles, das beispielsweise in Ameri- ka möglich sei, sei bei uns verboten, so der Sprecher. „Es geht nicht, das Schulgelände per Video zu überwachen.“Was nun wichtig sei: Profis, die beim Aufarbeiten der Geschehnisse vom Mittwoch helfen.
Andrea Richter, Leiterin der Schulpsychologie im Landesschulrat Niederösterreich, sagt: „Was-wäre-wenn-Fragen werden aktuell oft gestellt. Wir können sie nicht beantworten. Darüber viel mit den Schülern zu sprechen ist wichtig, denn das Reden ist die Methode, um Traumata zu vermeiden und dem Geschehenen einen Platz als Erinnerung im Gedächtnis zu geben“, sagte sie. In Mistelbach seien am Montag zwei Schulpsychologen im Einsatz gewesen. Je nach Bedarf seien diese weiter vor Ort.
Indes befindet sich der angeschossene 19-Jährige weiter auf dem Weg der Besserung. „Es geht dem jungen Mann den Umständen entsprechend gut“, sagte Polizei-Pressesprecher Raimund Schwaigerlehner am Montagvormittag. Er bestätigte, dass das gefundene Tagebuch des 18-Jährigen, der in U-Haft sitzt, ausgewertet werde, ebenso wie das, was der Beschuldigte in Internetforen gepostet hatte.
„Noch sind viele Gerüchte im Umlauf.“Isabella Zins, Direktorin