Arbeitslosigkeit festigt sich auf hohem Niveau
Mehr Angebot auf dem Arbeitsmarkt verhindert, dass die Zahl der Arbeitslosen stärker sinkt. Der Wifo-Chef setzt auf Qualifizierung.
WIEN. Dass die Arbeitslosigkeit in Österreich auf ein Niveau sinke, das als wirtschaftlich und sozial akzeptabel gilt, „ist nicht absehbar“, sagte Christoph Badelt, Leiter des Instituts für Wirtschaftsforschung (Wifo), am Montag im Klub der Wirtschaftspublizisten. Nach heuer 7,7 Prozent erwartet das Wifo für 2019 einen Rückgang auf 7,3 Prozent, dann geht es wieder hinauf. 2008 lag die Arbeitslosigkeit (nach nationaler Berechnungsart) noch bei 5,8 Prozent, 2015 und 2016 gipfelte sie bei 9,1 Prozent.
Die strukturell höheren Raten seien vor allem durch das gestiegene Angebot an Arbeitskräften zu erklären, sagte Badelt, und das sei der Zuwanderung, aber auch der Wirkung von Pensionsreformen geschuldet. Aktuell könne man mit Arbeitsmarktpolitik nur versuchen, einen Anstieg der Arbeitslosigkeit zu verhindern.
Umso mehr sei es nötig, alle Kraft auf die Qualifizierung zu lenken, das gelte vor allem für die Problemgruppen Ausländer und Ältere. Bei der für ältere Langzeitarbeitslose konzipierten „Aktion 20.000“, die die Regierung Ende Jänner ausgesetzt hatte, empfiehlt Badelt eine Evaluierung nach einem Jahr. Sollte sie kostenmäßig günstiger sein als die Arbeitslosenunter- stützung und nicht dazu führen, dass andere Personen vom Arbeitsmarkt verdrängt werden, könnte es sich als „sinnvoll erweisen, die Maßnahme wieder aufzunehmen“. Prinzipiell vorstellbar sei auch, die Aktion auf private Unternehmen auszuweiten (derzeit gilt sie nur für öffentliche und gemeinnützige Einrichtungen), es sei aber klar, dass man damit eine neue Debatte über Lohnsubventionen eröffnen würde.
Eher unglücklich ist Badelt, wie die politische Debatte über eine Reform der Sozialversicherung läuft. „Die reduziert sich auf oberflächliche Schlagworte“, es sei aber offen, was die Regierung zu tun gedenke, um das System tatsächlich effizienter zu machen. Dass es sinnvoll wäre, die Zahl der Träger zu senken, sei unbestritten, das gehe aber am Problem vorbei. Entscheidend sei einerseits eine Vereinheitlichung der Leistungen, damit tue sich aber ein Verteilungsproblem zwischen den Kassen auf. Weiters gehe es um um die bessere Abstimmung zwischen ambulantem und stationärem Bereich, in Österreich gebe es 60 Prozent mehr Spitalsbetten pro Einwohner als im OECD-Durchschnitt. Dazu komme das Kompetenz-Wirrwarr im Gesundheitswesen zwischen Bund, Ländern und Sozialversicherung. Zu prüfen sei auch, ob das Prinzip der Selbstverwaltung das Lösen von Sachfragen schwieriger mache. Die sei aber in der von Ex-Sozialminister Alois Stöger in Auftrag gegebenen Studie explizit ausgeklammert worden.
„Debatte geht an Problemen völlig vorbei.“