„Ein Mieter ist kein Nachbar zweiter Klasse“
Rosemarie Fuchshofer ist Soziologin und hat schon viele Wohnbauprojekte, in denen es Konflikte gab, betreut.
SN: 250 neue Wohnungen in Gneis, 400 auf den Kuglhofgründen. Ist das für die Stadtteile verträglich?
Fuchshofer: Es gibt im Vorfeld des Projekts in Gneis eine Sozialraumanalyse durch eine Kollegin von mir. So eine Analyse ist ein gutes Instrument, um zu schauen: Wer wohnt da schon? Welche Infrastruktur gibt es da? Denn in Salzburg gibt es nicht nur sehr dicht besiedelte Gegenden, sondern auch Stadtteile, wo es viel Infrastruktur gibt – etwa viele Kindergärten und gute Busanbindungen – und wo es schon sinnvoll ist, dicht zu bauen. Auch wenn man das nicht gerne hört: Salzburg ist eine Stadt – und nicht der Lungau.
SN: Wie kann man Projekte so begleiten, dass Konflikte zwischen alteingesessenen und Neubewohnern erst gar nicht entstehen?
Man kann Regeln aufstellen und schauen: Welche und wie viele Bauten verträgt es dort? Aber die Zeiten sind ohnehin vorbei, wo man neben einem Einfamilienhaus einen siebenstöckigen Wohnblock hinstellt. Denn dafür gibt es Bebauungspläne. Aber es gibt in Salzburg schon einen gewissen Reflex, dass manche Bewohner gerne bestimmen wollen, welche und wie viele Leute neben ihnen wohnen. Aber das geht definitiv nicht.
SN: Was kann die Stadt sonst noch tun, um hier Konflikte zu vermeiden?
Großprojekte müssen gut und offen kommuniziert werden, damit nicht die Angst aufkommt, dass da ein sozialer Brennpunkt entsteht. Anrainer müssen wissen, wie die Baustelle aussieht, wie sie abläuft, wann sie zu Ende ist. Und: Es macht in Salzburg aus meiner Sicht keinen Unterschied, ob mein Nachbar in einer geförderten Miet- oder einer Eigentumswohnung lebt. Mieter sind nicht Nachbarn zweiter Klasse.