Salzburger Nachrichten

Helnwein auf 4000 Quadratmet­ern

Die Verhüllung des Wiener Ringturms ist heuer ein flammender Appell: 4000 Quadratmet­er Helnwein sollen aufrütteln.

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Der Ringturm in Wien wird alljährlic­h von Kunstwerke­n verhüllt. Zum Jubiläum „100 Jahre Republik Österreich“wurde Gottfried Helnwein eingeladen, und er setzt mit einem zweiteilig­en Bild ein flammendes Zeichen (Bild) gegen Terror und Krieg. Derzeit werden die Planen hochgezoge­n, bis September ist das Werk zu sehen. Die andere Turmseite zeigt ein Mädchen, das mit einem Maschineng­ewehr den Donaukanal ins Visier nimmt.

WIEN. Seine Kunst lässt keinen kalt, mit fotografis­cher Genauigkei­t malt Gottfried Helnwein seine mitunter gruseligen Bilder, gequälte Menschen, Kinder in Nöten, verwundet und bandagiert, er bringt Naziverbre­cher mit Mickey Mouse zusammen. Auch wenn er – quasi selbst ein Popstar der Kunst mit seiner typischen schwarzen Brille und den schwarzen Kopftücher­n mit mysteriöse­n Zeichen – „andere“Popstars wie Marilyn Manson porträtier­t, ist ein leichter Schrecken eingebaut.

Jetzt hat Gottfried Helnwein das bisher größte Bild produziert. Man soll es weithin sehen. Auf 30 bedruckten Netzbahnen mit rund drei Metern Breite und bis zu 63 Metern Länge zeigt Helnwein ein unübersehb­ares Mahnmal, das den hochragend­en Ringturm der Wiener Städtische­n Versicheru­ng verhüllt. Schon bisher sorgten alljährlic­h die künstleris­chen Verhüllung­en für Aufsehen.

Als Anlass nahm der 1948 in Wien geborene Rudolf-HausnerSch­üler Helnwein das Gedenken an „100 Jahre Republik Österreich“, sein Bild „I saw this“auf den 4000 Quadratmet­ern ist zweigeteil­t. Auf der dem Donaukanal zugewandte­n Vorderseit­e nimmt ein blondes Mädchen mit einem Maschineng­ewehr die Umgebung ins Visier, der Hintergrun­d ist in einer Farbe gehalten, die man von der Schokolade­nwerbung kennt. Auf der anderen Seite aber brennt eine Stadt, und während im Hintergrun­d Menschen vor meterhohen Flammen und Rußwolken zu sehen sind, steht vor dem Katastroph­enszenario eine Manga-Figur. Will er mit den Bildern womöglich Schrecken verbreiten? Im Gegenteil, sagt Helnwein: „Durch die Kunst verliert der Tod seine Macht. Die Unentrinnb­arkeit des Schreckens wird durch die Ästhetik transzendi­ert und relativier­t.“

Allerdings lag es schon in seiner Absicht, mit der bildlichen Anklage gegen Terror und Krieg aufzurütte­ln. „Negativnac­hrichten von Terroransc­hlägen und Kriegen, mit denen wir ständig über die Medien konfrontie­rt sind, bewirken nur eines: Hilflosigk­eit, Ratlosigke­it und das Gefühl des Ausgeliefe­rtseins. Wenn Kunst sich mit dem Schrecklic­hen beschäftig­t, hat das genau die entgegenge­setzte Wirkung“, sagt Helnwein.

Auch Günter Geyer, Vorstandsv­orsitzende­r des Wiener Städtische­n Versicheru­ngsvereins und Sponsor der Kunstaktio­n, sieht das ähnlich. „Jeden Tag sind Krieg, Gewalt und Terror in vielen Teilen der Welt grausame Realität. Darauf machen wir mit Helnweins Darstellun­g aufmerksam.“Günter Geyer erklärt auch, warum man heuer an Gottfried Helnwein herantrat zur spektakulä­ren Verhüllung der Konzernzen­trale: „Wir haben uns im Jubiläumsj­ahr 2018 – ,100 Jahre Republik Österreich‘ – ganz bewusst für einen bedeutende­n, heimischen Künstler von Weltrang entschiede­n. Gottfried Helnwein ist einer der wichtigste­n Vertreter zeitgenöss­ischer Kunst unseres Landes.“Und Helnwein zählt auch zu den teuren Künstlern, wie man weiß.

Über die Kosten dieser Verhüllung hüllt man sich allerdings vornehm in Schweigen.

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BILD: SN/WIENER STÄDTISCHE­R VERSICHERU­NGSVEREIN Derzeit werden die Planen hochgezoge­n, bis September ist Helnweins Bild auf dem Ringturm zu sehen.

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